Ein Bericht vom ersten OER – Camp für freie Bildungsmaterialien in Köln am 21.9.2013 

Auf dem OERCamp in Köln wurde nur eine Woche nach der OER-Konferenz in Berlin die Diskussionen um den Einsatz, die Lizenzierung und die Qualitätssicherung von OER weiter geführt. Es passierte aber noch mehr: Es wurden neue Themenfelder geöffnet und neue Netzwerke geknüpft. 17 Sessions und 1000 Tweets später waren sich die zirka 100 Teilnehmenden einig: Es wird ein weiteres Treffen rund um das Thema Open Educational Resources in der Internetstadt geben. Ein Rückblick vom Camp der Bildungsnerds – und von einer Veranstaltung, an deren Ende mehr steht als nur weitere Fragezeichen und Ideenwolken: ein konkreter Schritt in Richtung Landesregierung.

 

Als das OER-BarCamp im Joseph-DuMont-Berufskolleg in Köln mit den Vorstellungen der Sessionvorschläge startet, wird schnell klar: Die Diskussion um “Open Educational Resources”, die noch beim deutschlandweit ersten OERCamp in Bremen als “konfuses Thema” in Schule und Hochschule erscheint, ist ein Jahr später schon viel weiter. OER sind nicht mehr fremd in Deutschland, mit ihnen wird vielerorts an Schulen gearbeitet und Schulträger wie öffentliche Bildungseinrichtungen der Länder haben sich der Theorie und Praxis ihrer Umsetzung angenommen. So ging in Köln die Initiative für das erste OER – Camp für freie Bildungsmaterialien nicht von einer NGO oder Interessengemeinschaft aus, sondern von offizieller Seite: den Ämtern für Informationsverarbeitung und für Schulentwicklung der Stadt Köln.

 

Im Fokus der Diskussion standen diesmal OER im Schulkontext – anders als etwa in Berlin, wo es auch um die Praxis von OER im Hochschulbereich ging und politische Entscheidungsträger vor Ort waren. Die motivierte BarCamperschaft traf in 17 Sessions zusammen, bei denen es neben den bekannten Fragen um Lizensierung, Überzeugung des Schulträgers oder der eigenen Schulleitung sowie Beispielen aus der Praxis auch um neue Themenfelder ging. 

 

Wer lizenziert eigentlich was? 

Es geht um “praxisrelevante Fragen der Lizenzierung (CC) & Wikimedia Commons”. Michael Weller von der Europäischen EDV Akademie des Rechts versucht aufzuklären und fragt: Wer darf, kann und soll erstellte OER lizenzieren – und vor allem wie? Von der “urheberrechtlichen Schranke” ist die Rede. Geöffnet werden kann sie letztlich nur durch die Politik. Ein Bundesland, das das schafft, ist das Saarland (siehe hierzu auch: pb21-Podcast): Ein Pool aus Lehrerinnen und Lehrern hat sich hier bereit erklärt, als Teil des Lehrauftrags seit 2006 / 2007 gemeinsam OER zu erstellen. Die Urheberrechte wurden an das Landesinstitut für Pädagogik und Medien abgegeben und unter CC-Lizenz gestellt. In vielen Bundesländern ist so ein Projekt und Zusammenschluss aber immer noch ein langer Prozess. “Im Saarland sind es kurze Wege und nur ca. 200 weiterführende Schulen”, sagt Weller. Letztlich käme es darauf an, dass sich Bundesland, Schule und Lehrende einig werden über die Frage des Urheberrechts. Hierfür bedürfe es aber zunächst einmal eines kompetenten Ansprechpartners oder Ansprechpartnerin, also einer zentralen Anlaufstelle. Für die Lizenzierung empfiehlt er nur eine: die CC-Lizenzierung. Aus seiner Sicht werde durch ihre Nutzung am meisten Transparenz in die Rechtsfragen gebracht.

 

Sammeln – Finden – Taggen und Bookmarking für Lehrerinnen und Lehrer 

Welche Tools haben sich bereits in der Praxis bewährt? Und wie finde ich überhaupt erstmal OER? Raum zum konstruktiven Erfahrungsaustausch und einen hohen Nutzenfaktor für die Lehrerinnen und Lehrer boten die Sessions, in denen Beispiele aus der Praxis, offene Bildungsformate und Plattformen vorgestellt wurden: das Schul-Wiki Köln, das ZUM-Wiki, segu Geschichte – oder etwa Edutags, die Social-Bookmarking- und Social-Tagging-Plattform für Lehrkräfte. Plattformen mit Bildungsmaterialien aller Art – wie etwa www.bpb.de oder www.meinunterricht.de – können mithilfe von Edutags gefunden werden. Zudem liefert das Community-Tool Informationen über den Qualitätsstandard der gefundenen Materialien. Das Tool hilft Lehrenden darüber hinaus, OER für sich zu organisieren. OER werden durch die Community-Nutzerinnen und -Nutzer verschlagwortet, von den Userinnen und Usern bewertet und mit einer Beschreibung bzw. einem Label versehen. “Edutags ist ein Werkzeug von vielen für viele, durch das die Teilnehmenden des Netzwerks voneinander profitieren können”, stellt Richard Heinen vom Duisburg Learning Lab der Universität Duisburg/Essen (neben dem Deutschen Bildungsserver der Träger von Edutags) klar: “Als Sammel- und Teilmaschine kann es dann aber wiederum auch nur so gut sein wie die Community.” 

 

OER in der außerschulischen Bildung? 

Beim BarCamp in Köln kam erstmals die Frage nach dem Einsatz von OER in der außerschulischen Bildung und sozialen Arbeit auf. Warum gibt es hier noch keine digitalen Plattformen oder Medien? Akteure und Vertreterinnen der Sozialen Arbeit trafen in einer Session um Prof. Isabel Zorn vom Institut für Medienforschung und Medienpädagogik (IMM) an der FH Köln zusammen und diskutierten über mögliche Methoden und Wege die “Kraft des Internets für die Bildung” auch in diesem Bereich mehr zu nutzen. Robotikbau? Open Source Software für Senioren? Mobile Learning? Kooperationen via Social Media, um Ideen umzusetzen? Ist Partizipation in der Erwachsenenbildung durch OER förderbar? Die Ideen waren vielfältig in dieser Session, der Gesprächsbedarf groß. Der Dialog aber soll weitergehen: auf einem BarCamp OER und digitale Medien in der sozialen Arbeit und im Etherpad zur Session.

 

“Der Lehrer kann auch Internet” 

In einer der letzten Sessions des BarCamps sprachen die Teilnehmenden mit Thorsten Larbig, Lehrer und Bildungsblogger aus Franfurt am Main, und André Spang, Lehrer und Projektleiter der iPad-Klasse an der Kaiserin-Augusta-Schule in Köln, darüber, was offene Bildungsformate leisten können. Larbig und Spang berichteten beispielhaft vom Bildungsäppler und dem gemeinsamen Projekt “Edchat” – einen Chat zum Thema Bildung auf Twitter, über den sie eine internationale Twittergemeinschaft von Lehrerinnen und Lehrern generieren konnten. Das unerwartete Ergebnis: Die Chat-Teilnehmenden schickten innerhalb von einer Stunde 540 Tweets über jegliche Bildungs- und Schulthemen. “Offene Formate können sich verselbstständigen. Am faszinierendsten finde ich, wie schnell Leute aktiviert werden können”, sagt Larbig, und fügt hinzu: “Bildung wird durch diese offenen Formate sichtbar.” An Schulen, bei den Bildungsträgern, bei den Schulträgern usw. müsste sich in diese Richtung aber noch viel mehr tun, sagt Spang: “Die Leute brennen doch darauf zu sehen: Der Lehrer kann auch Internet.”

 

Next stop: Open NRW

OER und offene Bildungsformate weiter voranbringen – so der Appell in der Abschlusssession: Das Ziel solle sein, von den Grassroots der BarCamps in die öffentlichen Institutionen vorzudringen. Der Vorschlag: Das Potenzial der Teilnehmenden des BarCamps nutzen und in ein Paper einfließen lassen, das zum Teil der Open NRW Strategie wird. Vonseiten der Kultusministerien müssten der Einsatz und die Erstellung von OER auch Teil von Lehrerfortbildungen werden. Die Unterstützung im Kollegium und von der Schulleitung sollte garantiert werden können. Auf der Plattform zum Camp soll bald ein Etherpad zu finden sein, über das dann gemeinsam dieses Paper entwickelt wird. 

 

Auf der Mixxt-Seite vom BarCamp Köln sind Videos, Fotos des Camps und die Etherpad-Dokumentationen der Sessions einzusehen.  

 

Weitere Eindrücke vom Camp:

Blogbeitrag von Christoph Pallaske, Initiator von segu Geschichte, Lehrbeauftragter für Geschichtsdidaktik am Historischen Institut und Studienrat im Hochschuldienst an der Universität Köln.

 

Foto: Josephine Evens / CC BY-NC-SA 2.0