Schule, Party, Facebook: Was bewegt Jugendliche, wie gestalten sie ihren Alltag und welche Pläne haben sie? Welche Medien nutzen sie und wofür engagieren sie sich? Der aktuelle Medienmonitor nimmt die Lebenswelten junger Menschen unter die Lupe. Leistungsdruck, Soziale Netzwerke und Mitwirken können – das sind scheinbar drei Schlüsselbegriffe für die junge Generation.
Forschung
“Wie ticken Jugendliche?” wollten die Autoren der Sinus-Studie wissen, unter anderem herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung. Insgesamt befragten die Sozialforscher 72 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren zu Themen wie Schule, Berufswunsch, Glaube, Engagement oder Medien. Über wichtige Erkenntnisse zu ihren Lebenswelten berichtet das ZDF. So beschäftige die Jugendlichen vor allem der zunehmende Leistungsdruck. “Sie nehmen wahr, dass sie in erster Linie nach ihrer Leistung beurteilt werden und keine Zeit vertrödeln dürfen. Dabei bieten ihnen die Eltern, die Schulen und die Kirche häufig nicht mehr die passende Unterstützung, um den ‘richtigen’ Weg einzuschlagen und gleichzeitig flexibel zu bleiben für neue Wege”, wird Marc Calmbach zitiert, einer der Autoren der Studie. Er bezeichnet die jungen Leute als “Mini-Erwachsene”, die sich auf traditionelle Werte wie Pflichtbewusstsein und Sicherheit besinnen würden. Die Nutzung neuer Medien, insbesondere sozialer Netzwerke wie Facebook, gehöre für die meisten zum Alltag. Mit Parteipolitik könnten sie wenig anfangen, allerdings seien sie sehr wohl politisch, würden Ungerechtigkeiten kritisieren und sich sozial engagieren.
Mitreden
Dass junge Leute etwas bewegen wollen, hat der Jugendintegrationsgipfel im Kanzleramt gezeigt, auf dem Mitte April 100 Jugendliche über eine bessere Integration von Migrantinnen und Migranten in die Gesellschaft diskutierten. “Die Rolle, die die jungen Leute bei der Giga-Aufgabe Integration spielen, ist nicht zu unterschätzen”, schreibt der Focus. Am Beispiel von Ümmühan Ciftci würde das deutlich: Dass die 21-jährige Türkin aus Kassel das Gymnasium schaffen würde, traute ihr niemand zu – ihr Abi machte sie dann mit einem Schnitt von 1,4 und studierte im Anschluss Medizin. Vor zwei Jahren gründete sie zudem den Verein “Integreater”, der bei Eltern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Aufklärungsarbeit über das deutsche Bildungssystem leisten soll.
Leben & Lernen
Über eine neue Form des gemeinsamen Lernens für junge Leute berichtet die Zeit: Im Haus einer Bremer Kirchengemeinde leben sechs Schüler und Schülerinnen für drei Wochen zusammen und bereiten sich auf ihre Abiturprüfungen vor. Nebenbei würden sie auch für das Leben lernen: “Als Generalprobe für einen neuen Lebensabschnitt.” Wie funktioniert das außerhalb von Hotel Mama? Lernen und Spaß würden in dem in Deutschland bisher einzigartigen Projekt der Evangelischen Kirche kombiniert, sagen die Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinschaft. Wenn es hakt, könnten die “Teamer” helfen, die das Projekt ehrenamtlich betreuen, und im Zweifelsfall stünden auch Lehrerinnen und Lehrer für Hilfestellungen parat. “Die Abi-WG-Bewohner sind überzeugt, dass sie gemeinsam viel besser gelernt haben als das allein möglich gewesen wäre”, so das Fazit der Zeit. Ganz uneigennützig sei das Projekt der Evangelischen Kirche jedoch nicht: Damit Jugendliche am Gemeindeleben wieder mehr teilnehmen würden, müsse man ihnen spezifische Angebote wie die Abi-WG machen – der Sonntagmorgen-Gottesdienst sei nämlich weniger dazu geeignet, erklärt der Sprecher der Evangelischen Kirche Deutschland, Reinhard Marwick, der Zeit.
Freunde, Fotos, Facebook
Wie stark die Lebenswelten der Jugendlichen im 21. Jahrhundert von Sozialen Netzwerken geprägt sind, beschreibt eine Jungreporterin aus der achten Klasse auf dem Mitmach-Portal Zeus Medienwelten (ein Projekt von Der Westen): “Eine Woche ohne Facebook – Gefällt mir?” Trotz des Gedankens, dass die Abstinenz ihr guttun würde, sei sie mit gemischten Gefühlen in ihren Selbstversuch gestartet. Ziemlich schnell hätte sie in der Schule gemerkt, dass sie nicht mehr mitreden könne, da sie die neuesten Statusmeldungen und Bilder nicht kannte. Hier wurde ihr bewusst, wie sehr Facebook bereits in ihrem Alltag verankert war. Das schnelle Fazit: “Viele denken bestimmt, am Ende dieser Woche hätte ich festgestellt, dass man auch ohne Facebook gut auskommen kann. Aber bei mir war es nicht so. Nach 168 langen Stunden ging ich sofort wieder online.”
Für einen weiteren Artikel prüften die jungen Reporterinnen und Reporter von Zeus, wie tauglich ein Medienkompetenzführerschein wäre, den die Regierung in Nordrhein-Westfalen einführen will. Wie können Schülerinnen und Schüler sich in Zukunft wappnen gegen Mobbing, Datenmissbrauch und weitere Folgen eines zu starken Mitteilungsbedürfnisses? Die Autorinnen und Autoren führten eine kurze Umfrage auf Facebook durch und stellten fest, dass viele “Facebook als Unterrichtsfach” begrüßen würden, dass es aber wichtig sei, wie dieses Fach unterrichtet würde. “Und auch wir schließen uns dieser Meinung an”, erklären die Schüler-Autorinnen und -Autoren. “Wir alle wissen, dass Facebook mittlerweile eine sehr große Rolle in unserem Leben spielt.”
“Jugenden” in der Kunst
Die Hannoversche Allgemeine berichtet von der Fotoausstellung “Talking about my Generation. Jung sein in Hannover 2012” im Historischen Museum. Hier zeigen Schülerinnen und Schüler als Kontrastprogramm zu den vielen Expertenmeinungen wie sie selbst ihren Alltag sehen. Ausstellungskurator Huntebrinker wolle gemeinsam mit 15 Jugendlichen zwischen 13 und 20 Jahren zeigen, was es bedeute, Teil der heutigen Jugend zu sein. In der Ausstellung würden die Schülerinnen und Schüler der Wahrheit über sich selbst nachspüren – und auch hier ist Facebook ein Thema. “Während die Fotos der Jugendlichen online meist nur dem Freundeskreis zugänglich sind, holen wir sie hier in die Öffentlichkeit”, sagt Huntebrinker der Zeitung. Man habe also auch mit medienpädagogischen Zielen gearbeitet: Die Jugendlichen hätten sich hier bewusst dafür entscheiden müssen, wie nah ihnen der Betrachter kommen darf. Deutlich werde in der Ausstellung, dass die jungen Leute schon sehr genaue Ziele hätten für die Zeit nach der Schule: Lehrerinnen, Anwälte, Ärztinnen – Berufe mit geregeltem Einkommen scheinen beliebt. Eine endgültige Antwort auf die Frage nach der heutigen Jugend liefere die Ausstellung aber nicht, schließlich gebe es “so viele Jugenden”.
Foto: flickr.com / Axel Schwenke / Erdfunkstelle Usingen 2005 / CC BY-SA 2.0
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