In einigen Bundesländern dürfen Lehrende mit ihrer Klasse offiziell keinen Kontakt mehr über Facebook haben. Die Debatte um einen angemessenen Umgang mit sozialen Netzwerken im Schulalltag ist nicht neu. Immer wieder stellt sich die Frage, ob Lehrerinnen und Lehrer Facebook, Twitter oder andere Netzwerke nutzen dürfen, um mit ihrer Klasse zu kommunizieren. Dürfen Lehrende also über Twitter und Whatsapp an Hausaufgaben erinnern? Nicht nur die Lehrerschaft ist sich uneins bei dieser Frage. Die Einen kritisieren, dass so Schülerinnen und Schüler benachteiligt werden, die weder Smartphone noch Facebook-Account haben. Andere finden, dass ein Lehrer in der Privatsphäre seiner Schülerinnen und Schüler schlichtweg nichts zu suchen habe. 

 

Viele Stimmen, die sich für das Verbot aussprechen, finden sich in der Medienlandschaft nicht. Zwar herrschte im Sommer 2013, nachdem das Land Baden-Württemberg den Internetzugang an Schulen gemaßregelt hatte, große Aufregung in der Presse. Aber nach der Entscheidung in Rheinland-Pfalz für ein ähnliches Vorgehen, beschränken sich viele Medien wie der Spiegel oder die Welt darauf, dpa-Meldungen zu zitieren. BILD.de listet immerhin auf, in welchen Bundesländern nun welche Regelung gilt.

 

Die kontroverse Diskussion aber überlassen die meisten Medien den betroffenen Nutzerinnen und Nutzern, und so entbrennt die längst überfällige Debatte über den Umgang mit sozialen Netzwerken in der Schule vorrangig in den Kommentaren zu den Artikeln neu. Dabei betrifft das Thema fast ein Fünftel der gesamten deutschen Bevölkerung – so viele Menschen etwa besuchen nämlich in Deutschland eine formale Bildungseinrichtung, die Lehrkräfte an deutschen Schulen nicht mit eingerechnet. 

 

Tagesschau.de immerhin zitiert Klaus Globig, der in Nordrhein-Westfalen für den Datenschutz zuständig ist. Dieser argumentiert, dass nicht ersichtlich sei, was Facebook mit den Nutzerdaten mache. Aus seiner Sicht sollten deshalb deutsche Behörden nicht zur Facebook-Nutzung verleitet werden. Aber auch bei Tagesschau.de überwiegen kritische Stimmen, wie zum Beispiel die von Rolf Busch vom Verband Bildung und Erziehung, der ein pauschales Verbot von Facebook-Kontakten zwischen Lernenden und Lehrenden schlichtweg für weltfremd hält.

 

Die Berliner Lehrerin und Bloggerin Lea Feynberg beschreibt auf ZEIT Online, dass sie ohne Facebook und Co. kaum Wege findet, ihre Klasse zu erreichen. Oft hätten weder die Jugendlichen noch deren Eltern einen Festnetzanschluss; Smartphones und soziale Medien dagegen seien an ihrer Sekundarschule allgegenwärtig. Deshalb nutze sie Facebook oder WhatsApp, um Hausaufgaben oder Organisatorisches zu kommunizieren. Feynberg argumentiert, dass soziale Netzwerke und Medien ihr dabei helfen, ihrem Lehrauftrag nachzukommen. Sie könne damit gemeinsame Termine einfacher koordinieren und noch einmal an das Material für morgen erinnern. Außerdem könne sie nachvollziehen, wann ihr Schülerinnen und Schüler ihre Erinnerungsnachricht gelesen haben und so Ausreden den Wind aus den Segeln nehmen. Privat befreundet sei sie mit ihrer Klasse nicht und für alles, was über Termine und Hausaufgaben hinaus geht, suche sie das persönliche Gespräch. Der Umgang mit und das Verhalten in sozialen Netzwerken sei nicht nur tägliche Arbeitserleichterung, sondern auch Teil der Medienkompetenzerziehung, so die Lehrerin in ihrem Kommentar auf ZEIT Online. 

 

Auch Peter Krones von der Würzburger MainPost fordert in seinem Leitartikel mehr Medienkompetenz. Im Artikel sieht er das Verbot, das auch die bayerische Kultusministerium beschlossen hat, kritisch. Denn auch wenn es nicht zu den Aufgaben der Lehrkräfte gehöre, den Schülerinnen und Schülern mit Hausaufgabenanweisungen hinterherzulaufen, könne und dürfe man sich dem technischen Fortschritt nicht verschließen. Bedenken wegen des Datenschutzes, wie sie das Land Nordrhein-Westfalen vor wenigen Wochen als Begründung für sein Facebook-Verbot angab, wiegelt er ab mit der Begründung, dass selbst das Kanzlerinnenhandy ja nicht mehr sicher sei.

 

Dennis Horn hat sich bei beim Digital-Blog digitalistan des WDR schon vor einiger Zeit die Wut aus dem Bauch gebloggt und Punkt für Punkt mit der Handreichung zur Facebook-Nutzung des baden-württembergischen Kultusministeriums abgerechnet. Das Verbot, so unterstellt er, sei nichts weiter als eine Reaktion darauf, dass man die neuen Kommunikationswege nicht verstehe. Denn Daten würden bei jeder Internetnutzung gespeichert. Außerdem seien die vom Ministerium empfohlenen Kommunikationswege Brief und E-Mail einfach nicht mehr zeitgemäß, zumindest nicht für die Schülerinnen und Schüler und junge Erwachsene. Und schon gar nicht verschlüsselt, wie vom Kulturministerium empfohlen. Viel wichtiger sei es, dass sowohl die Lehrerschaft als auch Schulklassen lernen, wie sie mit den sozialen Netzwerken verantwortungsvoll umgehen.

 

Dabei ist das “Facebook-Verbot” des Kultusministeriums Baden-Württemberg gar kein reines “Verbot”. Schließlich ist es “erlaubt”, Facebook zu Lehrzwecken via Beamer durchaus an die Klassenzimmerwand werfen und sich dabei sogar einzuloggen. Und auch privat will man den Lehrerenden in Baden-Württemberg keine Vorschriften machen. Aber dennoch klingt die “Handreichung” recht rigoros, schließlich ist “jegliche dienstlichen Zwecken dienende Kommunikation zwischen Schülern und Lehrkräften sowie zwischen Lehrkräften untereinander” schlicht und einfach verboten”. In Rheinland-Pfalz formuliert man das Merkblatt etwas vorsichtiger, dort kommt solche Kommunikation lediglich “nicht in Betracht”.

 

Noch aber regelt jedes Bundesland selbst, wie Lehrerinnen und Lehrer soziale Netzwerke nutzen dürfen. Während Bayern und Schleswig-Holstein schon länger ein Facebook-Verbot für Lehrer haben, arbeiten andere Bundesländer an entsprechenden Regelungen. Wieder andere halten solche Regelungen bislang für überflüssig. Hamburg und Berlin beispielsweise vertrauen ganz einfach darauf, dass ihre Lehrerinnen und Lehrer verantwortungsvoll und sensibel mit den Netzwerken umgehen.

 

Von einer Einigung in der Debatte kann also nach wie vor nicht die Rede sein. Von Seiten der Behörden wird vor allem auf den fehlenden Datenschutz verwiesen, wenn es um sogenannte “Facebook-Verbote” geht, wie sie beispielsweise in Bayern, Schleswig-Holstein und seit Oktober 2013 auch in Rheinland-Pfalz herrschen. Kritikerinnen und Kritiker dagegen halten ein solch radikales Vorgehen dagegen für weltfremd. Sie fordern mehr Medienkompetenz – bei Schülerinnen und Schülern ebenso wie bei Lehrenden – und einen zeitgemäßen und verantwortungsvollen Umgang mit sozialen Netzwerken. 

 

Foto: flickr.com / Axel Schwenke / Erdfunkstelle Usingen 2005 / CC BY-SA 2.0