Während sich die Sommerferien in einigen Bundesländern schon wieder dem Ende zuneigen, hat Bayern noch sechs schulfreie Wochen vor sich. Der Medienmonitor verzichtet dagegen auf seine Sommerpause und hat sich auch im Juli in Zeitungen und Blogs umgeschaut. Dieses Mal mit Pressestimmen zum G8, dem Plan einiger Bundesländer, bei den Lehrerstellen zu sparen, und zur mangelhaften Medienkompetenz vieler Schülerinnen und Schüler.

 

Los geht es mit dem G8. Seit ihrer Einführung ist die verkürzte Gymnasialzeit Dauerbrenner in den Medien – die letzten Wochen machen da keine Ausnahme. Anfang Juli bilanzierte Heinz-Peter Meidinger, der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung: “Pädagogische Argumente für das G8 fehlten seinerzeit gänzlich” und verlangte Wahlfreiheit für Eltern sowie Schülerinnen und Schüler.

 

Zumindest in Bayern wird es diese Wahlfreiheit sobald nicht geben. Der Bayerische Rundfunk berichtet, dass sich Ministerpräsident Seehofer bei einem Treffen mit Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen und Schülern zwar auf umfassende Korrekturen am bestehenden achtjährigen Gymnasium verständigt habe, etwa eine Entschlackung des vollgestopften Lehrplans. Ein Zurück schloss Kultusminister Ludwig Spaenle aber aus: “[Das G8] hat sich bewährt. Es steht für Qualität. Es wird beibehalten.” SPD, Grüne und Freie Wähler kritisierten diese Entscheidung (Reaktionen im oben verlinkten Artikel des BR). Auch der bayerische Landesschülerrat hält wenig vom neuen G8-Modell, das u.a. ein freiwilliges Intensivierungsjahr in der Mittelstufe enthält. Ebenso wenig begeistert klingen die Leserbriefschreiber im Münchner Merkur.

 

Während man in Bayern dem verlorenen Schuljahr nachtrauert, gibt es zumindest aus Baden-Württemberg Erfreulicheres zu berichten. Seit dem Schuljahr 2010/11 haben sich Schülerinnen und Schüler aus G8 und G9 gemeinsam auf ihr Abitur vorbereitet. Stichprobenuntersuchungen zeigen nun: Der Notenschnitt liegt in beiden Gruppen bei 2,4. Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer wertete das als Signal für den Erfolg des Konzepts der “Gemeinsamen Kursstufe”.

 

Kürzungen bei den Lehrerstellen

Doch auch im „Ländle“ ist nicht alles eitel Sonnenschein. Die grün-rote Landesregierung hat angekündigt, in den kommenden acht Jahren 11.600 Lehrerstellen zu streichen – und das, obwohl im Koalitionsvertrag noch bessere Bildung für alle versprochen wurde. Die taz hat dazu Reaktionen vom Verband der Berufsschullehrer und der GEW eingesammelt. Weil auch die geplante Einführung der Gemeinschaftsschulen Probleme macht, bilanziert die GEW-Vorsitzende Doro Moritz: “Die derzeitige Bildungspolitik ist schlichtweg planlos.”

 

Zum selben Thema – weniger Lehrerstellen – gibt es wiederum in der taz noch einen zweiten Artikel. Gestrichen wird nämlich nicht nur in Baden-Württemberg, sondern ebenso in Bremen, Schleswig-Holstein und vermutlich auch in Niedersachsen. Ursache dafür ist in erster Linie der demographische Wandel: Man rechnet mit 18 Prozent weniger Schülerinnen und Schülern bis zum Jahr 2025 und möchte den Geburtenrückgang zum Sparen nutzen.

 

Zusätzlich zu den beiden eher informierenden Texten wird das Thema in der taz auch noch kommentiert. Bernd Kramer geht dabei aber nur am Rande auf die Bildungspolitik der einzelnen Länder ein, und kritisiert vielmehr das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern, die zögerliche Einführung der Ganztagsschulen und die seiner Ansicht nach zu hohen Gehälter von Gymnasiallehrern.

 

Integration oder Inklusion?

In einem Nebensatz thematisiert der taz-Kommentar auch die Praxis der Förderschulen, die dazu führe, dass bisher lediglich ein Drittel der Kinder mit Behinderung eine Regelschule besuchen würde (die UN verlangt eine Inklusions-Quote von 90 Prozent). In Bayern läuft derzeit ein Modellprojekt an 40 Schulen, wo in insgesamt 160 Klassen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam unterrichtet werden. Bei einer Podiumsdiskussion an der Münchner Heckscher-Klinik wurde Zwischenbilanz gezogen – die SZ war dabei und resümiert: “Einig sind sich aber alle: Dass es für manche Schüler trotzdem besser sei, an einer speziell für ihre Bedürfnisse eingerichteten Schule unterrichtet zu werden, ganz exklusiv.”

 

Für DIE ZEIT hat Jeanette Otto die Klasse 5.3 an der Bremer Gesamtschule Ost besucht. Das Land hat die inklusive Schule bereits 2009 ins Schulgesetz geschrieben. Schon zwei Drittel aller Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf lernen in einer Regelschule. Der Artikel traut sich zwar keine endgültige Prognose zu (“In vier, fünf Jahren wird […] sich zeigen, ob der Inklusionsgedanke tatsächlich in die Verantwortung der gesamten Gesellschaft übergegangen ist.”) – die Eindrücke, die die Autorin auf den vier vorhergehenden Seiten weitergibt, stimmen aber durchaus zuversichtlich.

 

Schule im Zeitalter der Digitalisierung

Weniger zuversichtlich dürften einige Mitarbeiter von Cornelsen in die Zukunft blicken. Der größte deutsche Schulbuchverlag hat umfangreiche Umstrukturierungen angekündigt und möchte sich auf den digitalen Bereich konzentrieren. Deshalb werden die Geschäftsfelder Nachhilfe (mit rund 900 Mitarbeitern) und Wissenschaftsverlage (die kleinste Unternehmenseinheit mit ca. 50 Mitarbeitern) verkauft. Alexander Bob, der Vorsitzende der Geschäftsführung, erklärt im Interview mit bildungsklick.de die neue Digitalstrategie, betont aber gleich mit seinem zweiten Satz: “Gerade in den schulischen Bereichen wird das Buch noch sehr lange das Leitmedium bleiben […].”

 

“Dieses Internet” ist auch Thema einer halbstündigen Radio-Reportage des Bayerischen Rundfunks (hier eine kurze schriftliche Zusammenfassung). An einer Referenzschule in Arnstorf wird deutlich, dass an digitalen Medien, interaktiven Whiteboards und IT-gestütztem Unterricht mittelfristig kein Weg vorbeiführt – doch noch ist nicht klar, wie dieser Weg aussehen soll. Medienkompetenz ist zwar zentrales Bildungsziel, aber es fehlt an einheitlichen Konzepten, wie diese vermittelt werden soll.

 

Dem Thema Medienkompetenz hat sich auch die Zeitung Die Welt angenommen. Professorinnen und Professoren vom Dortmunder Institut für Schulentwicklungsforschung führen derzeit eine Vergleichsstudie zu Computer- und Informationskompetenzen von Jugendlichen durch. Das zugespitzte Fazit: “Deutsche Schüler können zwar mit Facebook umgehen, aber nicht mit Excel.” Das liegt nicht zuletzt an der eher skeptischen Haltung der Lehrerinnen und Lehrer. Nach einer Untersuchung der Europäischen Kommission stellt nahezu die Hälfte der Lehrkräfte in Deutschland den Mehrwert des Computereinsatzes im Unterricht infrage – womit sie eine Sonderrolle in Europa einnehmen.

 

Lehrer auf dem Prüfstand, Bildungsgerechtigkeit am Ende – und Sitzenbleiber vor dem Aus?

Normalerweise sind es die Lehrerinnen und Lehrer, die Leistungen beurteilen, Fehler anstreichen und Noten vergeben. Alle fünf Jahre werden sie selbst überprüft – dann beurteilen staatliche Expertinnen und Experten die Qualität ihres Unterrichts. Martin Spiewak ist Redakteur der ZEIT und außerdem ehrenamtlicher “Schulinspektor”. Er hat aufgeschrieben, was er an einer Berliner Schule erlebt hat.

 

Zum Abschluss noch zwei Kommentare: Thomas Kerstan plädiert in der ZEIT für ein Ende der “Illusion der Bildungsgerechtigkeit“. Schwachen Schülerinnen und Schülern könne am besten geholfen werden, wenn man akzeptiere, dass nicht alle gleich seien. Und Johann Osel macht in der SZ auf die Gemeinsamkeit von Edmund Stoiber, Jürgen Fliege und Harald Schmidt aufmerksam. Alle drei sind “Sitzenbleiber” und teilen damit das Schicksal von jährlich 200.000 Schülerinnen und Schülern. Alleine in Bayern kostet das 272 Millionen Euro pro Schuljahr – zum Fenster hinaus geworfenes Geld, meint Osel, das an anderer Stelle besser eingesetzt werden könne.

 

Foto: flickr.com / Axel Schwenke / Erdfunkstelle Usingen 2005 / CC BY-SA 2.0