Freie Bildungsmaterialien in Deutschland: Beiträge, Interviews und Eindrücke von der OER-Konferenz am 14./15.9. in Berlin

Immer wieder werden in Deutschland Hürden bei der Erstellung oder Verbreitung von OER sichtbar. Als hinderlich erweisen sich neben den vielfach diskutierten Lizenzbeschränkungen auch der deutsche Bildungsföderalismus und das mangelnde Selbstbewusstsein vieler Lehrenden. In einem Workshop auf der OER-Konferenz 2013 stellt Lothar Palm das staatlich geförderte Projekt learn:line NRW – Die Bildungssuchmaschine des Landes NRW vor. Vom Vortrag und ihren Eindrücken berichtet eine Lehrerin der Jürgen Fuhlendorf Schule in Bad BramstedtRegina Schulz.

“Ich werde keine politischen Aussagen treffen,” beginnt Lothar Palm, Koordinator von learn:line NRW seinen Vortrag, obwohl das Projekt durch Fördermittel des Landes NRW finanziert wird. Stattdessen möchte er die Lehrerinnen und Lehrer in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellen. Die Unterrichtsvorbereitung der Lehrenden solle erleichtert werden: Als “Bildungssuchmaschine” ermögliche learn:line NRW eine gezielte Suche in speziellen Datenbanken für Bildungsmaterialien. Sie biete also einen Ressourcenpool, der auf (offene) Bildungsmaterialien ihrer Kooperationspartner verweist. Die Ergebnisse sind zwar kostenfrei, jedoch keinesfalls als OER deklariert. Sie sind mit unterschiedlichen Lizenzen ausgewiesen – eine rechtlich unbedenkliche Verwendung sei aber meist durch die Anbieter eingeschränkt. Die Kooperationspartner fungierten also als Lieferanten dieses schulischen Materials und garantieren dessen inhaltliche Qualität. Lehrende werden hier weder in den Prozess der Erstellung von Materialien noch in jenen der Qualitätssicherung eingebunden. Sie werden zu Konsumierenden, nicht Produzierenden.

 

Als Lehrerin frage ich mich, ob diese “Bildungssuchmaschine” tatsächlich als “open” – im Sinne der OER – bezeichnet werden kann. Sind es nicht die Lehrenden, die die sinnvollsten Unterrichtsmaterialien erstellen und deren Qualität am differenziertesten beurteilen können?

 

Man habe bereits Lehrende über OER aufgeklärt und sie ermuntert OER zu erstellen, erklärt Palm. Es seien hervorragende Unterrichtsmaterialien entstanden, die bisher nicht veröffentlicht werden konnten. Denn sobald eine Veröffentlichung bevorstehe, seinen viele Lehrende verunsichert, fühlten sich bezüglich des Urheberrechts nicht kompetent genug und würden ihre Materialien zurückziehen. “Verständlich”, meint Palm und bedauert, “so haben nun auch wir Schubladen voll mit guten Materialien, die niemand sieht.”

 

Ich frage mich also als Lehrerin: Scheitert die OER-Bewegung in Deutschland etwa an dem mangelnden Selbstbewusstsein der Lehrerinnen und Lehrer?

 

learn:line NRW verschreibt sich, den Lehrenden eine Vielfalt von Bildungsmedien – vom Arbeitsblatt bis zum Film – zugänglich zu machen. Auf Nachfrage erklärt Palm jedoch, dass ca. 4.000 von ca. 25.000 Materialien für die Nutzung außerhalb NRWs ausgeschlossen seien; sie sich jedoch für einen Transfer von Bildungsmedien zwischen dem Land NRW, den Kommunen und den Bildungsservern untereinander einsetzen. Dieser Austausch sei jedoch komplex, da Lizenzen von Unterrichtsmaterialien durch bilaterale Abkommen ausgehandelt würden. So gelten unterschiedliche Lizenzbestimmungen für dieselben Inhalte in unterschiedlichen Ländern und Kommunen. Dies erschwere nicht nur die Übersicht, sondern auch die Auffindbarkeit von “offenen” Bildungsmaterialien. Fortwährend müssten Orte des hosts, des Nutzenden und die Lizenzbestimmungen geprüft werden. Auch das einheitliche Einspeisen von Metadaten ist in diesem Zusammenhang eine Hürde, die es zu überwinden gilt. Diesen Aufgaben nimmt sich das bundesweite Projekt bildungsserver/elixier an, welches versucht, die Inhalte der Landesbildungsserver zu vereinen. Eine weitere Erschließung von Material für den Ressourcenpool sei geplant. Auch eine Erweiterung auf OER.

 

Palm trifft keine politischen Aussagen, obwohl hier jedoch dringender Bedarf bestünde . Zuständigkeiten bezüglich OER müssen auf politischer Ebene geklärt und die Auffindbarkeit von Materialien muss garantiert werden. Für die Überwindung weiterer Hürden, wie Lizenzbeschränkungen und mangelndes Selbstbewusstsein der Lehrenden, bedarf es flächendeckender Aufklärung und Pragmatismus.

 

Die Dokumentation des workshops ist in diesem etherpad abrufbar.

 

Creative Commons License
This work is licensed under a Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 Unported License.

Foto: Agnieszka Krolik  (OER-Konferenz 2013) [CC-BY-SA-3.0] by Wikimedia Commons