Ein wesentlicher Teil von Geschichtsunterricht ist die Auseinandersetzung mit Quellen – seien es formale Texte und Dokumente wie eine staatliche Verfassung oder die Erzählungen eines Zeitzeugen oder einer Zeitzeugin über das einstmals Erlebte. In einem Workshop mit der werkstatt-Partnerschule Krakow am See arbeiteten die Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Quellen und ordneten diese in den historischen Gesamtkontext ein. Workshopreferent Alexander Lahl berichtet von der Methodik des Workshops.

 

Der erste Workshopabschnitt war konzipiert als thematischer Block zu den Themen: Nachkriegszeit, doppelte Staatsgründung, Bodenreform sowie Flucht und Vertreibung. Zuvor gab es zur Aufwärmung und Annäherung an die Themen noch ein “DalliClick” – einem Ratespiel mit zunehmenden Hinweisen in Form von Bildausschnitten und faktischen Beschreibungen des Gesuchten – mit Begriffen wie zum Beispiel “Konferenz von Jalta” und “Bodenreform” sowie die Aufgabe, sich in Kleingruppen ein “Denkmal DDR” auszudenken und als Gruppe pantomimisch darzustellen. Die Idee dieser assoziativen Übung ist es, im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild davon zu gewinnen, was die Schülerinnen und Schüler spontan und in erster Linie mit der DDR verbinden.

 

Wir hatten diese Übung bereits auf einem anderen Workshop in Berlin durchgeführt. Die dortigen Jugendlichen, die sowohl in Ost- als auch Westdeutschland aufgewachsen waren, stellten Mauer und Flucht in den Mittelpunkt. Aufgrund der ausschließlich oder stark überwiegenden ostdeutschen Herkunft der Krakower Schülerinnen und Schüler erwarteten wir deswegen hier andere Darstellungen. Das Ergebnis: ebenso wie in Berlin waren Mauer und Flucht in jeder Kleingruppe das bestimmende Thema. 

 

Ein weiterer inhaltlicher Teil war die Bearbeitung verschiedener Aufgaben von der DVD “Damals nach dem Krieg”. Hier hätten wir gerne mehr multimediales Arbeitsmaterial verwendet, mussten jedoch feststellen, dass die Themen Bodenreform, doppelte Staatsgründung, Flucht und Vertreibung auf der DVD doch überwiegend über Texte erschlossen werden. Die multimedialen Materialien fungieren eher als kleine Ergänzungen der sehr textlastigen Inhalte. Aus diesem Grunde erhielten die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen zunächst den Auftrag, die jeweiligen Texte zu lesen und in Hinblick auf ausgewählte Aufgabenstellungen zu bearbeiten. Zusätzlich sollten sie selbst auf der DVD nach etwaigen passenden Medien wie Film und Interviews recherchieren. Das Ziel war neben der Aneignung von Inhalten ein Training ihrer Recherchekompetenz. Am Ende der Gruppenarbeit wurden die Arbeitsergebnisse in einer kurzen Präsentation vorgestellt und in den historischen Kontext eingeordnet. Sowohl die Bearbeitung der Texte als auch die Recherche auf der DVD konnten die Schülerinnen und Schüler weitestgehend selbständig bewältigen. 

 

Aufbauend auf die Grundkenntnisse über die Themen Nachkriegszeit, doppelte Staatsgründung, Flucht und Vertreibung und Bodenreform bereiteten die Jugendlichen ein Zeitzeugengespräch mit Wilfried Romberg vor. Wilfried Romberg war als Kirchenvertreter während der Friedlichen Revolution aktiv, sah sich aber kraft seines Alters auch in der Lage, den Schülerinnen und Schülern über die Nachkriegszeit  zu berichten. Letztlich blieb er aber doch stärker auf die Zeit um 1989 konzentriert, sicherlich auch, weil es die Schüler noch mehr interessierte als die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Bei diesem Zeitzeugengespräch zeigte sich einmal mehr ein Muster von Zeitzeugen-
gesprächen: je charismatischer der Gast, desto besser wird das Gespräch verlaufen und desto interessierter werden die Schülerinnen und Schüler sein. Durch seine sympathische und einnehmende Art konnte Wilfried Romberg die Jugendlichen erreichen und ihre Neugierde wecken. Die kritische Betrachtung der individuellen Erinnerungen von Wilfried Romberg lag im Anschluss bei uns, den Referenten. Dabei stellten wir u.a. die Frage, wie die subjektiven Erinnerungen eines Zeitzeugen für die kritische Betrachtung von Geschichte eigeordnet werden können. Wie lange ist das Erlebte bereits her, haben sich seine Erinnerungen über die Jahre vielleicht verändert? Wie passen sie in den historischen Gesamtkontext?

 

Nach der Mittagspause gingen wir zum praktischen Teil, der Medienarbeit, über. In Kleingruppen stellten die Schülerinnen und Schüler in Form von Talkshows, Nachrichtensendungen und Schüler-TV ihre Eindrücke von dem Zeitzeugengespräch dar. Durch die Medienarbeit in Kleingruppen griffen die Jugendlichen nochmals die Themen des Workshops auf, berichteten sich gegenseitig von ihren Erinnerungen und vertieften so ihre individuelle Auseinandersetzung mit der Geschichte.

 

Die Schülerinnen und Schüler der Klassen 10R1 und 10R2 der Regionalen Schule Krakow am See schildern in einem eigenen Beitrag ihre Eindrücke von dem Workshop. 

 

Die DVD “Damals nach dem Krieg” kann über werkstatt.bpb.de kostenfrei bestellt und getestet werden. Die Evaluation durch den Fragebogen dient dazu, die Materialien der bpb noch besser für den Unterricht bzw. die außerschulische Bildung abzustimmen. 

 

Foto: flickr/Ephemeral Scraps