“Das Internet, neue Medien und die kritische Auseinandersetzung damit werden zu wenig in den Unterricht einbezogen”

 

Wie kann Bildung den Ansprüchen der Gegenwart und Zukunft gerecht werden? Die Werkstatt der bpb startete 2011 mit vielen Fragen und ging hinaus in die Bildungslandschaft, um Antworten zu finden. Einige stellt der im letzten Jahr veröffentlichte Zwischenbericht vor. Werkstatt.bpb.de greift in der Reihe „Thesen und Trends aus der Bildungswelt“ einige zentrale Erkenntnisse noch einmal auf, um sie zur Diskussion zu stellen. 

 

Neben den Erfahrungen und Erkenntnissen der ersten beiden Werkstattjahre, beurteilt der Zwischenbericht auch die Bausteine des Projekts wie SpeedLabs oder den OED-Prozess. Wie auch die Bildungswelt befindet sich die Werkstatt im stetigen Wandel und Weiterentwicklungsprozess: Projektbestandteile verändern sich, neue kommen hinzu, alte haben ihren Zweck erfüllt, womit ihre Bedeutung verblasst. Die daraus gewonnenen Thesen zur Bildungswelt, die Trends und Visionen von Lernen und Lehren lassen sich weiter und vor allem tiefergehend diskutieren.

 

In den kommenden Wochen greifen wir daher noch einmal einige der zentralen Thesen und Trends des Zwischenberichts in gesonderten Artikeln auf, stellen sie anhand eines beispielhaften Zitats vor und verweisen auf Beiträge, aus denen sie unter anderem gewonnen wurden. Sie beziehen sich auf den Bildungssektor allgemein, historisch-politische Bildung, multimediale Lernmaterialien und münden in Handlungsvisionen, die in die Zukunft der Bildungswelt blicken. In diesem ersten Teil geht es um Beobachtungen zum Bildungssektor allgemein. Die Leitfrage: Welche Rolle spielen neue Medien im Schulunterricht? Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, das Vorgestellte in Kommentaren zu diskutieren. 

 

 

These: Das Internet, neue Medien und die kritische Auseinandersetzung damit werden zu wenig in den Unterricht einbezogen.

 

„Die heutigen Jugendlichen sind ihren Lehrer_innen oft weit voraus im Zurechtfinden in der digitalen Welt. Qualität herauszufiltern dagegen, fällt ihnen nicht leicht und da wäre es der Lehrenden Aufgabe, ihnen Hinweise, oder neudeutsch Links, zu geben auf Brauchbares, Qualitätsvolles. Ich glaube, es führt kein Weg vorbei am Einbezug des Internets in den Geschichtsunterricht, so wie man früher in die Benutzung einer Bibliothek – die weiterhin in Gebrauch bleiben sollte! – eingeführt hat.“

Sybilla Hesse, Lehrerin Waldorfschule Potsdam im Artikel „Wer etwas mit eigenen Augen erlebt hat …“

 

 

These: Die Schule als analogen Ort zu gestalten, ist genau der falsche Weg, denn sie hat das größtmögliche Potential, Kinder und Jugendliche in den vernunftgemäßen Umgang mit neuen Medien und dem Internet einzuführen.

 

Redaktion: „Was halten Sie von der Forderung digitale Medien aus der Schule komplett zu verbannen?“

Prof. Dr. Christian Spannagel, PH Heidelberg: „Das ist eine katastrophale Einstellung oder Haltung, denn wenn man z.B. über Bücher wie das von Manfred Spitzer diskutiert – er hat natürlich recht mit den Dingen, dass da auch ganz viele Gefahren lauern, dass es Nachteile haben kann wie Sucht, dass man dick wird, weil man sich nicht mehr bewegt und ungesund lebt und so. Das sind genau die Dinge, die der übermäßige Gebrauch dieser Medien, der nicht vernunftgemäße Gebrauch der Medien hervorruft. Gerade aus diesem Grund MUSS das in der Schule stattfinden. Die Medien aus der Schule zu verbannen, wäre gerade der falsche Schritt, weil die Schule der einzige Ort ist, in dem eine Gesellschaft erwirken kann, dass die Schülerinnen und Schüler systematisch in den vernunftgemäßen Gebrauch dieser Medien eingeführt werden.“

Prof. Dr. Christian Spannagel, Pädagogische Hochschule Heidelberg, im Video-Interview Die digitale Welt in die Schule holen

 

 

These: Der Umgang mit neuen Medien wird noch nicht ausreichend in die Lehrerausbildung integriert.

 

„Andere Studien besagen, auch aus den letzten Jahren, dass bei den Studierenden heute im Lehramt Vorbehalte vorhanden sind, gerade den Habitus prägende Faktoren der eigenen Erziehung betreffend. (…) Und da hoffen wir, dass es durch die Vorgaben, jetzt aktuell, die Kultusministerkonferenz hat gerade eine Erklärung abgegeben, dass also künftig in der Ausbildung auch Medienbildung ein verbindlicher Bestandteil ist. (…) Es gibt viele Deklarationen, viele Absichtserklärungen. Aber wenn man schaut, was wird wirklich gemacht, wo ist die Umsetzung, da gibt es noch sehr viel zu tun (…).“

Horst Niesyto, Sprecher der Initiative „Keine Bildung ohne Medien“ und Professor für Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg im Audio-Interview „Das Integrationsproblem der Medienbildung

 

Hierzu findet aktuell in unserem Themenschwerpunkt „Aus- und Weiterbildung von Lehrer_innen und außerschulischen Bildner_innen“ eine tiefergehende Diskussion statt.

 

 

Im nächsten Teil von „Thesen und Trends aus der Bildungswelt“ geht es um Erfahrungswerte aus der historisch-politischen Bildung.

 

 

Foto: flickr/Ken Whytock, Lizenz: CC by-nc 2.0