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Viele Schülerinnen und Schüler an klassischen Schulen träumen davon, in der Freien Schule Leipzig ist es selbstverständlich: Keine Noten, kein Stundenplan, kein Lehrplan, keine Prüfungen. In einem kurzen Artikel beschreibt Henrik Ebenbeck, Lehrer an der Freien Schule Leipzig, den demokratischen Alltag der alternativen Schule. Am Rande des Fachtages „Demokratie Macht Schule“ in Leipzig sprach werkstatt.bpb.de mit ihm zudem über Motivation und Eigenverantwortung als Entwicklungsziel und nicht genutzte Gestaltungsspielräume im klassischen Lehrplan.
Vermutlich gibt es nicht sehr viele Schulen in Deutschland, in denen die Schülerinnen und Schüler gleichberechtigt über die Einstellung neuer Lehrerinnen und Lehrer mitentscheiden können. Auch an der Freien Schule Leipzig war das nicht von Anfang an so. Gegründet wurde die Schule 1990, wenige Monate vor der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, von einer Gruppe engagierter Lehrender und Eltern. Eine klare Vision von der neuen Schule hatten die Gründenden nicht unbedingt, sie waren sich aber darin einig, dass sie eine radikal andere Schule als in der DDR wollten, eine Schule in der die Kinder und Jugendlichen respektiert werden und selbst entscheiden können, was und wie sie lernen.
Heute lernen etwa 160 Schülerinnen und Schüler von Klasse 1 bis 10 in der Freien Schule Leipzig und haben sehr weitgehende Mitbestimmungsmöglichkeiten. Vier Prinzipien prägen den Alltag der Schule: Respekt, Vertrauen, Kommunikation und Freiheit. Die Schülerinnen und Schüler sind für ihren individuellen Lernprozess selbst verantwortlich, es liegt in ihrer Hand, was, wann, wie und mit wem sie lernen wollen. Sämtliche Lernangebote sind freiwillig und die Schülerinnen und Schüler entscheiden, ob und wenn ja, welche Angebote sie nutzen. Von Klasse 1 bis 3 leben und lernen jeweils 18 Kinder in altersgemischten Gruppen mit zwei festen Lehrerinnen und Lehrern bzw. Erzieherinnen und Erziehern. Ab Klasse 4 wählt jeder Lernende eine Vertrauenslehrerin oder einen Vertrauenslehrer, der ihn als Mentorin oder Mentor in seiner Entwicklung begleitet und in regelmäßigen Vertrauensgesprächen diesen Prozess mit ihm gemeinsam reflektiert.
Jede Schülerin und jeder Schüler entscheidet selbständig, wie er seine Zeit in der Schule verbringt. Neben vielen klassischen Lernangeboten, wie Deutsch, Physik oder Biologie gibt es zahlreiche offene Lernwerkstätten, zum Beispiel für Mathematik oder Englisch und jede Menge Angebote vom Nähen, über Töpfern und Yoga bis Schrottbasteln und Kochen. Sämtliche Angebote sind auf einem großen Plan im Eingangsbereich übersichtlich dargestellt.
Alle wichtigen Angelegenheiten der Schule werden von der Schulgemeinschaft demokratisch beraten und entschieden. Zweimal in der Woche kommt die große Schulversammlung zusammen. Alle Kinder und Jugendlichen sowie Mitarbeiter der Schule können daran teilnehmen, mitdiskutieren und mitentscheiden. Dabei hat jede Person eine Stimme. Jeder kann Themen zur Diskussion und Entscheidung vorschlagen und auf die Themenliste schreiben, die öffentlich aushängt. Geleitet wird die Große Schulversammlung von einem Team von zehn Schülerinnen und Schülern, die von der Schulversammlung für ein Jahr für diese Aufgabe gewählt werden. Jede Schülerin und jeder Schüler kann für diese Aufgabe kandidieren und alle Kandidierenden müssen ein Seminar absolvieren, in dem sie lernen, wie man eine so große Versammlung leitet und wie man eine Abstimmung durchführt. Dieses Seminar wird von der amtierenden Leitungsgruppe gestaltet. Alle Kandidatinnen und Kandidaten können nach dem Seminar probeweise eine halbe Schulversammlung leiten. Wenn alle sich auf diese Weise vorgestellt haben, wählt die Große Schulversammlung das neue Leitungsteam für ein Jahr.
Am Tag vor der Schulversammlung nimmt das Leitungsteam die Themenliste von der Pinnwand ab und bereitet die Tagesordnung vor. Jeweils zwei Schülerinnen und Schüler leiten die Versammlung gemeinsam und ein dritter hält die Themen und Beschlüsse in einem Protokoll fest, das nach der Versammlung ausgehängt wird. Die Große Schulversammlung beschließt sämtliche Regeln und berät über alle wichtigen Angelegenheiten der Schule. Dass die Versammlung zweimal pro Woche stattfindet und jeweils 30 Minuten dauert (weil viele jüngere Schülerinnen und Schüler sich nicht länger konzentrieren können) sind ebenfalls Beschlüsse der Schulversammlung, die jederzeit wieder geändert werden können. Strukturen und Regeln passen sich den Bedürfnissen der Schulgemeinschaft an und nicht umgekehrt. Durch die Erfahrung, dass meine Stimme zählt, ist die Identifikation mit der Schule hoch und die Zufriedenheit sehr groß.
Das Interview führte Tanja Wille.
Foto: Schülerin bei der Leitung der Großen Schulversammlung / Freie Schule Leipzig
und wie immer die gleiche Frage. Wieviele der SuS schaffen wann welchen Abschluss. Denn das ist das einzige was später einmal interessiert. Das solch eine Schule Spaß macht ist ja logisch und das es für das spätere Leben in der echten Welt hilfreich ist steht auch nicht zur Debatte. Allerdings zählt das in der momentanen Welt nicht wirklich viel. Ich selber kenne auch solch eine tolle Schule. Tolle Schule, allerdings eine Durchfallquote im Abitur von 36 %. danach nicht mehr solle toll
Stell dir vielleicht mal die Frage, was ein Realschulabschluss heute noch wert ist. Er befähigt dich nicht unbedingt ein guter Bürger oder Arbeiter zu sein. Und das begreifen auch immer mehr AG. Die Kompetenzen, die die Schüler der FSL auszeichnet werden zukünftig immer wichtiger. Und das sind vor allem Fähigkeiten wie selbstständiges Lernen, selbstbewusstes Auftreten, funktionierende Interaktion mit Kollegen und lösungsorientiertes Denken und Kompromissfindung.
Fachwissen ist heutzutage so kleinteilig und detailliert, dass es in der Schule maximal oberflächlich behandelt werden kann und oft nur bis zu nächsten Klausur oder Prüfung hängen bleibt. Dagegen ist es sehr einfach das z. B. im Internet nachzuschlagen um sich das Wissen im Moment, wenn man es braucht, anzueignen. Dafür muss man natürlich wissen wie das geht und den Mut und die Lust dazu haben. Und wie viele Realschüler kennst du, die das können.
BTW: Was weißt du z. B. noch über den Zitronensäurezyklus?
Ich halte die Idee, dass ein Schulabschluss das Einzige sei, was wirklich zählt, für ein modernes Märchen. Wenn jemand mir den kaputten Kühlschrank schnell und gut repariert ist mir sein Schulabschluss völlig egal. Und umgekehrt bleiben alle Diplome und Zertifikate, mit denen eine Ärztin ihre Wand schmückt, für mich bedeutungslos, wenn sie mir nicht zuhört und mir nicht helfen kann.
Worauf es ankommt, ist das, was jemand wirklich kann. Und ich glaube, dass solch eine Schule den Schülern in ganz besonderer Weise die Chance bietet, herauszufinden, wo die eigenen Stärken liegen, was sie wirklich umtreibt, was ihr Thema ist.
Unzählige Coaching-Seminare für Fach- und Führungskräfte beschäftigen sich mit einem Thema: Warum sind andere schlechter qualifizierte Kollegen erfolgreicher als ich?
Die Antwort ist immer die gleiche: Es kommt auf soziale Kompetenzen wie das Auftreten, die Art zu sprechen und sich zu bewegen an. Der Inhalt und die fachlichen Argumente sind zweitrangig.
Eine Schule auf die quantitative Werte wie Abiturquote und Durchfallrate zu reduzieren halte ich nicht für den richtigen Weg. Damit lassen sich schöne Statistiken erstellen der Erfolg von Menschen im Leben (der Löwenanteil nach der Schule ;-)) jedoch nicht messen.
Alternative Lernkonzepte scheinen auf dem Vormarsch zu sein – auch seitens der Eltern, die eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung für oder gegen eine Schule spielen. In einem Artikel über ein Oettinger Gymnasium, das sog. Lernlandschaften in die Schule integriert hat, schildert der Schulleiter Günther Schmalisch einen weiteren alternativen Ansatz: Dort werden architektonische Veränderungen mit einem andersartigen Lernkonzept verbunden. Dies soll schließlich in einer scheinbar fruchtbaren Lernatmosphäre münden. Bei all diesen Diskussionen um alternative Lernkonzepte schwingt die Fragen mit: Was sagen die Verwirklichung neuer Lernkonzepte bzw. die Forderung nach diesen über den Ist-Zustand des deutschen Bildungssystems aus? Und: Reichen bei der Weiterentwicklung von Lehre und Lernen Reformen des alten Schulsystems aus oder muss Schule evtl. von Grund auf neu gedacht werden?
Hier der Link zum Beitrag über die Lernlandschaften in Oettingen: http://werkstatt.bpb.de/2012/05/der-mensch-soll-lernen-nur-die-ochsen-buffeln/
Der Abschluss ist das einzige was zählt? Wehe dem, der sich an diesem Trugschluss noch lange festhalten vermag. Letztlich komm ich doch nur voran, wenn ich weiss wo meine Stärken und Schwächen liegen, wenn ich meiner Selbst sicher sein kann, wenn ich mir vertrauen kann und angstfrei nach vorn sehen kann. Da hilft stures Lernen für einen Test, einen Schulabschluss, ein Diplom ganz sicher nicht. Lernt man wirklich Sinnvolles in einer Schule, die einzig allein dazu dient, die Schwachen von den “Starken” zu trennen. Man hechelt einen Kanon durch, von dem man glaubt, dass er hilft 5 Jahre später Tor und Türen zu öffnen. Leider ist das eine Illusion. In Schulen wie der obigen, geht es um Beziehung, wenn man die eingehen kann zu Mitschülern, Lehrern und auch Eltern, dann lernt man von ganz allein (man kann ja auch nicht “nichtlernen”) – was weiß denn der Staat was später für mich nützlich sein wird. Das kann ich doch nur herausfinden, wenn man mich machen lässt, mir Zeit gibt vieles zu probieren und zu testen, ohne ein Drängen von linksrechtsobenunten. Meine Kinder haben alle laufen gelernt – meine Kinder lernen gerade alle Lesen und Schreiben – ganz ohne Stress jedoch immer von Erfolg und auch mal Misserfolg gekrönt, ich bin da wenn sie mich brauchen und lasse sie das lernen, was für sie gerade Thema ist … jeden Tag aufs Neue…