Welche Erfahrungen haben islamische Religionslehrerinnen und Religionslehrer seit der Einführung des Unterrichtsfachs in NRW gemacht? Welche sozialen Aufstiegsmöglichkeiten sehen junge Erwachsene für sich in Deutschland? Und wie versucht die EU, junge Menschen auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten? Diese und andere Fragen versucht der aktuelle Medienmonitor anhand ausgewählter Pressestimmen näher zu beleuchten.

 

Islamischer Religionsunterricht

 

Seit dem Start des neuen Schuljahres 2012/2013 wird in Nordrhein-Westfalen erstmalig islamischer Religionsunterricht angeboten. Im SPIEGEL berichtet der Duisburger Grundschullehrer, Hüseyin Çetin, von den derzeitigen Fortschritten bei den “schulpolitischen Annäherungsversuchen der Deutschen.” Er ist einer von nur 40 Religionslehrenden für Muslimas und Muslime in NRW und sieht im bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht einen großen Fortschritt: “Früher habe ich den Islam und seine Geschichte erklärt, heute bringe ich meinen Schülern bei, wie man ihn lebt, wie man ein guter Muslim wird” sagte er dem SPIEGEL. Die Zeitung betont, dass der Pädagoge “im Unterricht keine türkischen oder arabischen Begriffe” verwende. So nenne er die Reise nach Mekka “Wallfahrt und nicht Hadsch” und spreche nicht von Allah, sondern von Gott. Um auch das Interesse an anderen Religionen zu wecken, besuche der Duisburger Lehrer mit seinen Schülerinnen und Schülern zum Beispiel auch katholische Kirchen. Dass solche Besuche bislang eher nicht stattgefunden hatten, machte der erstaunte Ausspruch einer diesen Ausflug begleitenden Mutter eines muslimischen Schülers deutlich: “Die Kirche ist so schön. Früher habe ich immer gedacht, dass wir sie nicht betreten dürfen.”

 

Während der SPIEGEL vor allem die aufklärende und integrierende Funktion des islamischen Religionsunterrichts hervorhebt, blickt die Frankfurter Rundschau in Anbetracht der voraussichtlichen Einführung des Schulfachs in Hessen im Jahr 2013 auf die sich abzeichnenden Interessenkonflikte zwischen den verschiedenen muslimischen Gruppierungen. Die in Zukunft als Träger des Unterrichts agierenden Glaubensgemeinschaften “Ditib“ und “Ahmadiyya” sollen laut Frankfurter Rundschau über die “religiöse Eignung” der Lehrerkandidaten entscheiden dürfen, wobei der sunnitische Verband “Ditib” bereits ankündigt habe, wegen “grundlegender Differenzen in Glaubensfragen” keine Ahmadiyya als Religionslehrerinnen und Religionslehrer zuzulassen. Die Frankfurter Rundschau schreibt dazu: “In Hessen haben damit zwei Islamverbände eine große Definitionsmacht über das neue Fach.”

 
In Berlin hingegen könnte das für die Zukunft vom Senat gewünschte Angebot islamischen Religionsunterrichts an der Finanzierung scheitern, so die B.Z. Da das Gehalt der Religionslehrerinnen und -lehrer in Berlin nur zu 90 Prozent vom Senat, und zu 10 Prozent von den die Lehrenden entsendenden Kirchen bezahlt wird, sei man sich durch die steigenden Kosten in beiden Kirchen darüber einig, dass der christliche Religionsunterricht langfristig eingestellt werden müsse. Diese Entwicklung stehe jedoch im Widerspruch zu einer erfolgreichen Einführung des islamischen Religionsunterrichts in Berlin, so die BZ.

 

 

Studie zur Einschätzung der Chancengleichheit

 

Von zahlreichen Medien aufgegriffen wurde eine neue Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach mit dem Titel “Chancengerechtigkeit durch Förderung von Kindern. Ein deutsch-schwedischer Vergleich”, die von “Bild der Frau”  und dem Bundesfamilienministerium in Auftrag gegeben wurde.
So berichtete der SPIEGEL, dass laut dieser Studie mehr als ein Drittel der Deutschen davon überzeugt sei, dass Leistung sich nicht lohne und allein das Elternhaus zähle. Insbesondere in den neuen  Bundesländern sei die Stimmung pessimistisch. Hier denke nur ein Drittel der Menschen, dass man mit genügend Anstrengung sozial aufsteigen könne, wohingegen in den alten Bundesländern rund die Hälfte der Befragten dieser Meinung waren. In Schweden seien unabhängig von der sozialen Schicht immerhin “zwei von drei jungen Erwachsenen überzeugt davon, dass jeder alles werden kann”, zitiert der SPIEGEL die Studie. Während das Blatt selbst die Ursachen hierfür mit einem Statement der Geschäftsführerin des Allensbach-Instituts, Renate Köcher, unter anderem folgendermaßen zitiert: “Hierzulande werde die Verantwortung der Bildung der Kinder stark den Eltern übertragen”, wirft ein Leserkommentar im SPIEGEL die Frage auf, inwiefern die positive Bewertung der Chancengleichheit durch die Schweden mit der Tatsache übereinkommt, dass es dort eine mehr als doppelt so hohe Jugendarbeitslosigkeit als in Deutschland gebe (Zum Vergleich: In Deutschland waren im September 2012 8,0 Prozent der 15-24-Jährigen erwerbslos, in Schweden 23,4 Prozent).

 

Die WELT provozierte mit der Überschrift: “Wenn ich groß bin, werde ich Hartz IV, wie Papa”. Als Ursache für die positive Haltung der Schweden benennt die WELT vor allem eine größere Entspanntheit der Eltern beim Schulerfolg ihrer Kinder und eine unterschiedliche Einschätzung des Umfangs elterlicher Erziehungsarbeit. Während zwei Drittel der deutschen Eltern sich auch selbst in der Verantwortung sähen, vielseitige Bildung, Durchhaltevermögen und Leistungsbereitschaft zu fördern, würden die schwedischen Eltern “stattdessen […] offenbar das Erreichen dieser Erziehungsziele an die staatlichen Bildungsinstitutionen [delegieren].”

 

 

Neue EU-Initiative

 

Auf wenig Interesse in den Medien stieß bisher eine neue Initiative der EU, die ausgehend von einem Bericht der Europäischen Kommission von der EU-Kommissarin für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend, Androulla Vassiliou, eingeleitet wurde. Wie der Bildungsspiegel mitteilte, fordere der Bericht eine stärkere Vermittlung von Computer- und unternehmerischer Kompetenz sowie Bürgerkompetenz in der Schule. Bisher würden die Schulen der Europäischen Gemeinschaften den bereichsübergreifenden Kompetenzen nicht genügend Rechnung tragen, sodass die politische Initiative “Neue Denkansätze für die Bildung” konkrete Vorschläge zur Verbesserung liefern solle. Vor allem die Schwierigkeit einer einheitlichen Bewertung der Kompetenzen in den elf europäischen Ländern sei die Ursache für die bisher unbefriedigende Vorbereitung junger Menschen auf den Arbeitsmarkt. So würden neun Länder auf Grundschulniveau offiziell keine unternehmerische Bildung vorsehen, Computerkompetenz hingegen werde mit Ausnahme von Kroatien in allen Ländern in der Grundschule vermittelt.

 

 

Foto: flickr.com / Axel Schwenke / Erdfunkstelle Usingen 2005 / CC BY-SA 2.0