Freie Bildungsmaterialien in Deutschland: Beiträge, Interviews und Eindrücke von der OER-Konferenz am 14./15.9. in Berlin
Die Initiative für das belgische Bildungsportal KlasCement startete bereits 1998, als Open Educational Resources weder als Begriff und noch als bildungspolitische Vision populär waren. Das Portal beinhaltet derzeit ca. 30.000 Materialien, etwa 70% davon sind kostenfrei. Nur 8% der Nutzerinnen und Nutzer seien jedoch bereit, eigene Materialien mit anderen zu teilen. Hans de Four, Koordinator des Portals für das belgische Bildungsministerium, erklärt im Interview, wie Lehrende durch ein “Punktesystem” motiviert werden sollen, sich aktiv einzubringen und warum es so wichtig ist, dass das Portal auf dem “Bottom-Up”-Prinzip basiert.
Die Möglichkeit, sich weltweit zu vernetzen, an MOOCs teilzunehmen und kollaborativ zu arbeiten, macht die Studierenden zu “global”-Lernenden. Auch die offizielle akademische Anerkennung durch Leistungsnachweise und Zertifikate für das Lernen mit freien Materialien hat sich verändert. Es entstehen neue Modelle der Zusammenarbeit zwischen nichtstaatlichen Organisation, kommerziellen Start-Ups und Hochschulen. Im Interview mit werkstatt.bpb.de erklärt die internationale Projektleiterin für die European Foundation for Quality in E-Learning (EFQUEL), Anne-Christin Tannhäuser, das Konzept der “Entkopplung” von Bildungsangeboten, warum sich die Qualität der Lehre aus ihrer Sicht verbessert und prognostiziert die Reaktion zukünftiger Arbeitgeber.
Welchen Herausforderungen muss sich die OER-Community künftig stellen und was bedeutet das für die verschiedenen Bildungssysteme? Neil Butcher spricht im Interview mit werkstatt.bpb.de über seine Vision der nächsten Jahre und darüber, wieso Schülerinnen und Schüler wieder lernen müssen, eigenständig zu lernen (“they must learn how to learn”). Nach seiner einheizenden Rede (Closing Keynote) am Ende der OER-Konfernz steht der Bildungsberater Rede und Antwort.
Die Online-Plattform Serlo ist ein Beispiel für OER in Deutschland und bietet Lernmaterialien und professionelle Lernsoftware für Mathematik. Zirka 100.000 Schülerinnen und Schüler nutzen das kostenlose Angebot monatlich. Auf welchem Prinzip es basiert, wie die Qualität der Materialien sichergestellt werden kann und über seine Vision für eine andere Bildungswelt, berichtet Gründer Simon Köhl im Interview auf der OER-Konferenz.
In einem sogenannten P(rojekt)-MOOC des “Media Literacy Labs” im Fachbereic Medienpädagogik an der Universität Mainz hat eine offene Community einen OER-Kriterienkatalog für Apps für Kinder entwickelt. Die Voraussetzung für ein solches OER-Projekt mit einer “offenen Didaktik” sei, die unterschiedliche Herangehensweise der Teilnehmenden und ihre verschiedenen Interessen zu akzeptieren und zuzulassen, so die Leiterin des Projekts und Juniorprofessorin für Medienpädagogik, Friederike Siller im Interview auf der OER-Konferenz. In der Hochschullehre werde derzeit viel ähnliches ausprobiert. Für eine generelle und systematische Umstrukturierung fehle es jedoch noch an Impulsen von den Leitungsgremien der Universitäten.
Auf Initiative des niederländischen Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft entstand 2008 das OER-Projekt Wikiwijs mit freien Bildungsmaterialien für alle Schularten sowie die Universitäten. Das Ziel war, die Zugänglichkeit von OER, die Medienkompetenz der Lehrenden und die Qualität von Unterricht zu verbessern, so Wikiwijs-Mitarbeiter und Vorsitzender der Special Interest Group OER SURF, Robert Schuver, im Interview auf der OER-Konferenz. Einige Tausend Lehrerinnen und Lehrer greifen bisher regelmäßig auf die Plattform zu.
Der Deutsche Bildungsserver hat ein Dossier zu OER-Initiativen auf internationaler Ebene erstellt. Ingo Blees, Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) und Deutscher Bildungsserver, erklärt im Interview auf der OER-Konferenz, sowohl in den USA und als auch in den Niederlanden seien nationale Bildungsprogramme für die Förderung und Verbreitung von OER ausschlaggebend gewesen. In Deutschland sei das Bewusstsein für den Umgang und die Möglichkeiten von OER hingegen noch zu wenig verbreitet.
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