Eindrücke vom LernLabBerlin – Der Auftaktveranstaltung zum 13. EduCamp #edc13

Wie sieht “Lernen 2.0” aus? Welche Hard- und Software hat sich in der Schule bereits bewährt? Diese Fragen werden üblicherweise auf Podien, Tagungen oder im Lehrerzimmer diskutiert. Ganz anders dagegen auf dem LernLabBerlin – der Auftaktveranstaltung zum 13. EduCamp. Hier wurden Wikis, Blogs und Co direkt im Unterricht getestet. Werkstatt.bpb war dabei.

 

LernLabBerlin: Voller Stundenplan und offene Schule

“Lernen 2.0” praktisch anwenden – darum ging es beim LernLabBerlin. Mit dabei: “Web 2.0-Lehrende” aus ganz Deutschland, die ihre Erfahrungen in Form einer Unterrichtsstunde weitergeben konnten, sowie Lehrer_innen und Schüler_innen der Reformschule Heinrich-von-Stephan. Die Berliner Schule beginnt gerade damit, mobile Endgeräte in den Unterricht einzubeziehen. Der Idee, die Schule einen ganzen Tag lang für Lehrende aus anderen Schulen und interessierte Hospitanten aus dem Bildungsbereich zu öffnen, wünschen wir viele Nachahmer!

 

Der Stundenplan beim LernLabBerlin war gut gefüllt: In knapp 20 Blockveranstaltungen zeigten (außer-) schulische Bildner_innen, wie Mathe-, Musik-, Deutsch- und Politikunterricht von Wikis, Erklärvideos, Podcasts und Digitalen Schulbüchern profitieren und wie sich Lehrende und Lernende sicher(er) durchs Netz bewegen. Die Unterrichtsstunde zum Projekt “Innocence in danger” machte zum Beispiel deutlich: “Lernen 2.0” heißt auch, dass sich Lehrende und Schüler_innen mit sicherer Internetnutzung, Schutz vor Missbrauch, Beratungsangeboten, Datenschutz, Urheber- und Persönlichkeitsrecht auseinandersetzen. Was trocken klingt, kann spannend vermittelt werden: anhand echter Missbrauchsfälle, mit aktuellen Zahlen, spannenden Videoeinspielern, im Dialog mit den Schüler_innen und ohne Pauschal-Verdammung von Facebook, WhatsApp und Co.

 

Datenschutz und Schutz des Persönlichkeitsrechtes heißt auch: Vorsicht im Umgang mit Profilbildern und Klarnamen auf Blogs, Wikis oder bei der Verwendung von Feedback-Kanälen wie “TodaysMeet”. Dieses Twitter-ähnliche Online-Tool stellte Corinna Lammert, Lehrerin für Deutsch und Geschichte, in einer Unterrichtsstunde zum Thema “Diskriminierung” vor. Welche Chancen und Herausforderungen der Einsatz eines Feedbackkanals wie “TodaysMeet” aus Sicht einer Lehrenden mit sich bringt, hat Corinna Lammert bereits in diesem Interview mit werkstatt.bpb besprochen. Spannend war es nun jedoch für uns, das Tool im Unterrichtseinsatz zu erleben.

 

Die erste Erkenntnis: Das Tool “TodaysMeet” ist simpel, aber nicht für alle Schulen geeignet.

Lehrende können bei “TodaysMeet” einen (relativ) geschlossenen Raum mit eigenem Zugang (Link) generieren und festlegen, wann die Diskussion in diesem Raum gelöscht werden soll. Für die Anwendung werden aber ein stabiler Internetzugang und eine ausreichende Zahl von Schüler-PCs, -Laptops, -Tablets oder Smartphones benötigt. Beides ist an vielen Schulen keine Selbstverständlichkeit. Denkbar sind deshalb auch BYOD-Szenarien (Bring Your Own Device) nebst Nutzung vorhandener Internet-Flatrates oder Offlinelösungen (Schüler_innen arbeiten in normalen Textdokumenten, die mithilfe einer Überwachungssoftware auf den Lehrerbildschirm übertragen und per Beamer Allen sichtbar gemacht werden).

 

Die zweite Erkenntnis: Ohne Regeln geht es nicht.

Bevor die Schüler_innen ihre Kommentare, Ideen und Fragen zum Unterrichtsgeschehen in den Kanal eintragen, sollten verbindliche Regeln besprochen werden (keine Klarnamen verwenden, respektvoller Umgang etc.). Verstöße gegen Rechtschreibregeln (z.B. konsequente Kleinschreibung) sollten zulässig sein, damit das Tool als schneller, skizzenartiger Kommunikationskanal fungieren kann. Lehrende können den Schüler_innen Decknamen zuteilen, wenn sie die Aussagen später namentlich zuordnen wollen.

 

Die dritte Erkenntnis: Ein zweiter Kommunikationskanal neben dem Unterrichtsgespräch kann Diskussionen beleben, verlangt aber entsprechende Aufmerksamkeit von Lehrenden und Schüler_innen.

“TodaysMeet” wurde in unserer Unterrichtsstunde genutzt um Fragen, Ideen und Kommentare für alle sichtbar zusammenzutragen. Das funktionierte ziemlich gut – sowohl während die Schüler_innen einen Film sahen als auch im anschließenden Unterrichtsgespräch. Während des Gesprächs beobachteten zwei Schüler_innen die Diskussion im Feedbackkanal und halfen so der Lehrerin, das Unterrichtsgespräch zu moderieren.

 

Die Schüler_innen selbst fanden das Tool gewinnbringend. Auch “Stillere” konnten sich so beteiligen und kein Gedanke ging verloren. Selbst Kommentare, die zunächst eher randständig wirkten, flossen in die Diskussion ein. Etwas Kritik kam von den Schüler_innen, weil der Feedbackkanal auch ablenken kann – laut Corinna Lammert eine typische Reaktion, auch wenn die meisten Jugendlichen außerhalb der Schule Multi-Screen-User sind.

 

Corinna Lammert nutzt “TodaysMeet” und andere Feedbackkanäle mittlerweile regelmäßig in ihren Unterrichtsstunden. Dabei erzielt sie auch in Klassen, die das Tool gut kennen, ganz unterschiedliche Ergebnisse. Vor allem im Politikunterricht, bei aktuellen Themen, die viel Diskussionsstoff bergen, hat sich der zweite Kommunikationskanal bewährt. Von den Lehrenden verlangt der Einsatz eines digitalen Feedbackkanals Mut zur Offenheit. Schließlich macht der Backchannel jegliche Kritik für alle sichtbar und der Unterrichtsverlauf lässt sich nicht mehr so leicht steuern und planen. Lernen 2.0 eben.

 

Foto: Ausschnitt aus einer Collage der Heinrich-von-Stephan-Schule (Foto: Kooperative Berlin, Lizenz: cc-by-sa 3.0)