Die Eurokrise lässt die Zahlen der Schülerinnen und Schüler in so genannten “Vorbereitungsklassen” sprunghaft ansteigen und Roma-Kinder sind in deutschen Schulen oft hilflos. Die Professorin für Interkulturalität Yasemine Karakasoglu will “Bildungsgerechtigkeit” und die Filmemacherin Anja Reschke findet, wir sollen die Lehrenden in Ruhe lassen. In Sachsen kämpft ein Dorf um seine Schule und in der Onlineausgabe der ZEIT stellen Eltern die Frage: Sollen Kinder auch noch in den Ferien lernen? Die Antwort auf diese Frage und mehr zu den aktuellen Themen der Woche jetzt im Medienmonitor.  

 

Die Zahl der “Euro-Krisenkinder” an deutschen Schulen steigt 

Der Schulleiter Philipp Steinle hat einen ganz eigenen Zugang zur Wirtschaftskrise in Europa: „Die wirtschaftliche Schwäche eines Landes können wir hier an den Schülerzahlen ablesen“, sagt er in der Frankfurter Rundschau und meint damit die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den “Vorbereitungsklassen” seiner Schule in Leonberg bei Stuttgart. Viele von ihnen kommen aus Ländern, die besonders stark von der EU-Krise gebeutelt wurden: Spanien, Griechenland, Portugal und Italien, vermehrt aber auch aus Osteuropa. Und ihre Zahl steigt, so die Frankfurter Rundschau. In Bayern zum Beispiel besuchten 2010 nur 470 Schülerinnen und Schüler sogenannte “Übergangsklassen”, in denen sie Deutsch lernten – heute sind es 845. In Berlin ist die Zahl der “Lerngruppen für Neuzugänge” im letzten Jahr sprunghaft angestiegen: von 65 Lerngruppen auf 159. Hier kommen Kinder aus Europa, aber auch aus anderen Krisenregionen der Welt zusammen – wie dem Irak, Afghanistan oder Syrien. Auch Kinder aus Sinti- und Romafamilien sind in den vergangenen Jahren verstärkt in der Hauptstadt gestrandet, doch die sind für die Schulbehörden schwerer zu erreichen.

 

Mentorinnen und “Bildungsgerechtigkeit”

Solchen Kindern und ihren Familien steht Valentina Asimovic als Mentorin zur Seite. Die ZEIT berichtet im Beitrag “Er wird es schon lernen” von ihrer Arbeit, in der sie oft ganz vorn anfangen müsse. Zum Beispiel indem sie im Unterrichtsraum ein Schild mit dem Wort “Tafel” an die Tafel heftet. Außerdem ist Valentina Asimovic als Übersetzerin unentbehrlich, um auch mit den Eltern der Kinder in Kontakt zu treten. Ihre Arbeit ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr “Bildungsgerechtigkeit”, wie sie sich Yasemine Karakasoglu im Interview mit dem Deutschlandfunk wünscht. Die Professorin für Interkulturalität und Konrektorin der Universität Bremen wurde gerade in die Politik berufen. Sie hofft, hier den Themenkomplex Interkulturalität, Internationalität und internationale Öffnung, der bisher im Bereich Bildung “eher eine etwas randständige Rolle gespielt hat”, nun dorthin zu bringen, wo er “eigentlich hingehört”: in die Mitte der Gesellschaft.

 

Überforderte Lehrende an deutschen Schulen

Dass es bis zur “Bildungsgerechtigkeit” ein steiniger Weg ist, stellte Fernsehredakteurin Anja Reschke fest. Sie berichtet in der ZEIT von den vier Wochen, die sie für eine Reportage an einer Schule in einem “besonderen Stadtteil” verbracht hat – in Hamburg Wilhelmsburg. Hier sind in einer Klasse mit 22 Schülerinnen und Schülern zehn Nationen vertreten, berichtet die Zeitung, außerdem sind sechs der 22 Kinder Inklusionskinder. Anja Reschkes Resümee ist ernüchternd. Das, was Lehrende an deutschen Schulen zu leisten hätten, sei schlicht “eine Zumutung”.

 

Das “kämpfende Klassenzimmer”

Mit einer ganz anderen Zumutung hat eine Dorfschule in Sachsen zu kämpfen – sie soll geschlossen werden. Doch das wollen sich die Bewohnerinnen und Bewohner von Seifhennersdorf nicht gefallen lassen. Spiegel Online berichtet von einer Rebellion in dem sächsischen Dorf, in dem das Land wegen fehlender Schülerinnen und Schüler die Mittelschule schließen will. “Ein Todesurteil” für ihren Ort sei dieser Beschluss, findet Bürgermeisterin Karin Berndt. Die betroffenen Eltern lehnten sich gegen den Beschluss auf und organisierten den Unterricht kurzerhand selbst. Der Fall ist noch vor Gericht, an seinem Ausgang sind auch andere Schulen in Sachsen interessiert, denn etwa 700 Schulen im Bundesland mussten seit der Wende bereits schließen, berichtet Spiegel Online.    

 

Die Frage nach dem Leistungsdruck

Die Frage, die den Bildungsexperten Michael Felten in der ZEIT beschäftigt, scheint dagegen schon fast harmlos. Besorgte Eltern wollen wissen: Dürfen Lehrende auch in den Schulferien Hausaufgaben aufgeben? Herr Felten sieht die Sache entspannt: Gerade für bildungshungrige Jugendliche, die “nur zu wenig Ideen zur Freizeitgestaltung haben”, könnten solche Aufgaben “Gold wert” sein. Weniger entspannt steht Buchautor Rupert Appeltshauser dem Thema Leistungsdruck gegenüber. Der pensionierte Lehrer und Buchautor beklagt auf regio-aktuell24.de die Nachteile der Verkürzung der Gymnasialzeit auf acht Jahre. Das humboldtsche Bildungsideal der “Selbstentfaltung der Persönlichkeit” bliebe oftmals auf der Strecke. Stattdessen nähmen psychische Erkrankungen unter den Schülerinnen und Schülern seit Jahren zu, was, so Appeltshauser, auf die hohe Belastung zurückzuführen sei.

 

Die steigende Zuwanderung aus den von der EU-Krise gebeutelten Ländern; Mediatorinnen und Mediatoren, die für Eltern übersetzen; eine Hochschulprofessorin, deren “Herzensthema” die Bildungsgerechtigkeit ist; überforderte Lehrkräfte; das Schulsterben im ländlichen Raum und die Frage, wieviel Leistungsdruck den Schülerinnen und Schülern in Deutschland zuzumuten ist: das waren die aktuellen Themen der letzten Woche, die dieses Land sicher noch länger beschäftigen werden.

 

Foto: flickr.com / Axel Schwenke / Erdfunkstelle Usingen 2005 / CC BY-SA 2.0