Open Educational Resources (OER) sind ein Thema, über das in der Presse  wenig berichtet wird. Befasst man sich genauer damit, ist erkennbar, wie sehr die Diskussionen um OER auf Bildungsportalen und -blogs an Fahrt aufnehmen. Erst vor knapp zwei Wochen fand eine Expertenanhörung des Bildungsministeriums und der Kultusministerkonferenz zum Thema statt. Für das nächste SpeedLab „Open Education – Wem gehört die Bildung?“ hat werkstatt.bpb.de zum Einstimmen verschiedene Beiträge zu OER zusammengestellt.

 

 

Open Educational Resources: Was ist das? Was kann das?

Überblick zum Thema OER und internationale Perspektiven

 

Die Slideshow von medien+bildung.com führt überblicksartig in das Thema OER ein. Als Ausgangslage wird dargelegt, dass digitale Medien vermehrt in Schulen eingesetzt werden und es Schwierigkeiten mit analogen wie digitalen Lehrmitteln in Sachen Kopierschutz, Weiterverwendung und Aktualisierung gibt. Ebenso ist das Urheberrecht nicht auf die Verwendung von digitalen Lehr- und Lernmaterialien ausgerichtet. Das Verständnis von OER wird mit drei Eigenschaften versehen: Die Materialien sollen offen und damit kostenfrei sein, sie sollen bearbeitet und weitergegeben werden können und Software wie Formate für die Nutzung von OER sollen ebenfalls frei zugänglich sein.

 

Die Studentinnen und Bloggerinnen Simone Angster und Silke Uphoff schildern in einem Artikel die Auseinandersetzung des Studenten Nico mit dem Thema OER. Diese beginnt mit der Recherche für eine Hausarbeit, bei der Nico nach frei zugänglichen Aufsätzen im Netz sucht. Auf die Ausführungen über Nicos Entdeckungen folgt eine Definition von OER. Dabei wird jedes Wort des Begriffes genau untersucht. Heißt „open“ zum Beispiel „leicht zugänglich“ oder ist damit „kostenlos“ gemeint? Bedeutet „educational“, dass die Materialien nur im Unterricht genutzt werden können oder ist ihr Einsatz auch in anderen Zusammenhängen möglich? Und was ist mit den „resources“? Sind damit nur Texte gemeint oder alles, was frei zugänglich gemacht wird, wie z.B. Videos oder Software? Nico findet einige Antworten.

 

Dr. Leonhard Dobusch, Institut für Management an der FU Berlin und Blogger, erläutert im White Paper „Digitale Lehrmittelfreiheit: Mehr als digitale Schulbücher“ unter anderem was sich hinter diesen digitalen Lehrmitteln verbirgt. Dabei geht es ihm nicht nur um die Begriffserklärung, sondern vor allem darum, was Änderungen im Bereich digitale Lehrmittel und deren freie Zugänglichkeit bedeuten. Sie könnten zu mehr Wettbewerb und einer Qualitätsverbesserung führen, so Dobusch. Abhängig ist vieles von der Finanzierung, die eine Herausforderung darstellt.

 

 

OER und Urheberrechtsfragen

 

Auf pb21.de beschreibt der Medienwissenschaftler Thomas Bernhardt, wie Creative Commons (CC) als Urheberrecht 2.0 funktionieren. In Teil 1 erklärt er, wie die CC-Lizenz verwendet werden kann. Dazu muss der Name des Autors bzw. der Autorin bei einer Wiederverwendung angegeben werden. Der Autor oder die Autorin entscheidet zudem vorab, ob sein oder ihr Werk kommerziell genutzt, bearbeitet oder ebenfalls nur mit einer CC-Lizenz weitergegeben werden darf. Im zweiten Teil schreibt Bernhardt, dass das CC-Lizenzieren für Autorinnen und Autoren Vorteile bietet. Davon abgesehen, dass man damit ein Statement setzt, vermehrt man das vorhandene Material und die eigene Bekanntheit bzw. die des Werkes steigt durch die Weitergabe. Der dritte Teil erläutert unter anderem weshalb CC für die Arbeit in der Schule hilfreich sein kann. Außerdem geht Bernhardt darauf ein, wie CC-lizenzierte Werke gefunden und genutzt werden können.

 

Der Lehrer und Blogger Felix Schaumburg diskutiert gemeinsam mit dem Bildungsberater und -aktivist Jöran Muuß-Merholz auf EduShift.de, weshalb das Urheberrecht OER im Weg steht: „Paradoxerweise ist genau das verboten, was pädagogisch sinnvoll wäre“. Es dürfen keine Unterrichtsmaterialien digital gespeichert oder gar verbreitet werden, weil sie nicht privat, sondern beruflich verwendet werden. Das gilt auch für kleine Textschnipsel oder Bilder. Die neugewonnene Freiheit durch die vielen Informationen im Internet, verschwindet wieder durch das Urheberrecht, so Muuß-Merholz und Schaumburg.

 

 

Wer macht die Bildung?

OER in Selbstorganisation

 

Der Schulbuch-o-mat ist ein aktuelles Beispiel für ein selbstorganisiertes OER-Projekt. Der Lehrer Heiko Przyhodnik und der Medienexperte Hans Hellfried Wedenig versuchen über Crowdfrunding, die Produktion eines offenen und freien elektronischen Biologiebuchs für die Klassenstufen 7 und 8 zu realisieren. 2013 beziehungsweise 2014 soll es fertig sein. Das Konzept und die Planung stehen bereits. „Wir möchten mit unserem Projekt eine Kultur der freien Bildungsmaterialien einläuten“, so beschreiben die beiden Projektmacher ihr Anliegen. Dass frei und kostenlos nicht damit gleichzusetzen ist, dass die Produktion solcher Materialien nichts kostet, wird bei diesem Projekt deutlich: 10.000 Euro benötigen sie für die Umsetzung.

 

Der Blogger und Lehrer Demian Duchamp setzt sich in seinem Blogbeitrag “Wenn nicht Lehrer, wer dann?” mit der Frage auseinander, woher beziehungsweise von wem die freien Bildungsmaterialien nun eigentlich kommen sollen. Seiner Meinung nach wurde lange genug in der Theorie debattiert. Nun ist die Zeit der Umsetzung gekommen. Um der aufgemachten Frage nachzugehen, setzt sich Buchamp mit den unterschiedlichen Gruppierungen auseinander, die OER erstellen könnten. Dazu zählen Lehrende ebenso wie Universitäten, Stiftungen und Ministerien. Sein Fazit: “Ich hoffe aber, ich konnte zeigen, dass die Last, freie Bildungsmaterialien zu erstellen, nicht nur auf den Schultern der Lehrerinnen und Lehrer ruhen muss“. In Kommentaren zum Blogbeitrag wird die Frage weiter diskutiert.

 

 

Wer finanziert die Bildung?

Finanzierung freier Lehrmittel

 

Die Publikation „Der Wert und die Finanzierung von freien Bildungsressourcen“ von Sandra Schön, Martin Ebner und Conrad Lienhardt widmet sich unter anderem  verschiedenen Finanzierungsmodellen für OER und ihrem monetären Wert. Sie stellen Möglichkeiten vor, wie der Wert offener Unterrichtsmaterialien beziffert werden kann. Daneben beschäftigen sich die Autoren und die Autorin mit Erlösmodellen zur Finanzierung oder Refinanzierung von OER und damit, wie diese Modelle in der Praxis umgesetzt werden könnten. Freiwilligenarbeit wird dabei eher kritisch gesehen, da der Zeitaufwand ein sehr hoher ist und die Qualität des Materials deshalb eventuell darunter leidet. OER-Plattformen könnten beispielsweise einen kostenpflichtigen Premium-Account besitzen. Hier stellt sich dann die Frage: Sind diese Materialien tatsächlich noch offen und frei?

 

 

Wie offen kann die Bildung sein?

 Zukunftsszenarien

 

In einem Aufsatz entwirft Markus Deimann von der FernUniversität Hagen mögliche Zukunftsszenarien, um herauszufinden, wie OER die Schule verändern könnten. Durch den ständigen Austausch und das gegenseitige Helfen könnten OER bewirken, dass in der Lehre nicht nur kognitives Lernen im Vordergrund steht, sondern auch die Ausbildung sozialer Fähigkeiten. Bildung wäre keine Frage der Erschwinglichkeit, da sie für alle Schichten zugänglich wäre. Hierbei wird mit dem Begriff offen auch kostenfrei verbunden.

 

Einen Vortrag über OER hält Martin Ebner im Rahmen der Woche der freien Bildung. Darin spricht er auch darüber, welche Zukunft freie Bildungsmaterialien mit sich bringen. Beispielsweise würde sich die Aufgabe der Verlage ändern. So bezahlt in Litauen der Staat die Verlage dafür, OER-Schulbücher zu erstellen.

 

 

Wie kann freie Bildung entstehen?

Open Educational Development

 

Bridget McCrea gibt auf thejournal.com Tipps, wie man OER weiter vorantreiben kann. Sie schreibt, dass es keineswegs zu wenig Material gibt. Stattdessen sieht sie ein Problem darin, dass es unsortiert ist. Erst mit mehr Ordnung ist es für Lehrende möglich, die für sie interessanten Materialien aufzufinden. Zudem müssen sich Lehrerinnen und Lehrer im Klaren darüber sein, dass die Erstellung und Verbreitung von OER auch von ihnen abhängig ist und nicht nur von Verlagen. Sie haben ihr Unterrichtsmaterial laut McCrea oft schon fertig zusammengestellt und müssten es nur noch freigeben.

 

Was OER vor allem fehlt, um sich richtig entwickeln zu können, ist Unterstützung, findet Bildungsblogger Martin Riemer im Interview. Dabei geht es nicht nur um längerfristige Initiativen, sondern auch um Arbeitsgemeinschaften in Schulklassen. Riemer hat die Erfahrung gemacht, dass selbst konzipiertes Material oftmals in ähnlicher Weise schon von anderen erstellt wurde. Danach müsste es nur noch sortiert und veröffentlicht werden. Um so etwas zu realisieren, sollten auch Medienpädagogen und Blogger an die Schulen gehen.

 

 

Anmeldungen zum SpeedLab “Open Education – Wem gehört die Bildung? sind noch möglich. Einfach eine kurze E-Mail an werkstatt(at)kooperative-berlin.de schicken.