Wie schauen Jugendliche auf ihre Zukunft und welche Faktoren sind hierfür ausschlaggebend? Wie stehen Jugendliche allgemein zu Politik? Der aktuelle Studienmonitor beschäftigt sich mit einigen Studien, die sich genau mit diesen Fragen auseinandergesetzt haben. Sowohl der Schulerfolg als auch der Blick auf die eigene Zukunft und das Engagement für politische Belange sind unter anderem abhängig von der sozialen Herkunft der Jugendlichen.

 

“Sprichst du Politik?”

Das Klischee, Jugendliche würde sich nicht für Politik interessieren, wird von der Studie “Spricht du Politik?” widerlegt. Geleitet und initiiert wurde die Studie von Prof. Dr. Bettina Fackelmann, Dozentin für Public Relations und Kommunikationsmanagment an der Berliner Design Akademie, ihr Forschungsteam bestand hauptsächlich aus jungen Studierenden der Akademie. Durchgeführt wurde die Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, es wurden 30.122 Schülerinnen und Schüler der Altersgruppe 16 bis 19 Jahre durch einen Online-Fragebogen zum Thema Politik und Jugend befragt. Die Basis der Online-Befragung bildeten 27 Gruppeninterviews, die an unterschiedlichen Berliner Schulen durchgeführt wurden. Aus den Ergebnissen der Studie wurden drei verschiedene Empfänger ausgearbeitet, an die drei Botschaften gesendet werden.

 

Die erste Botschaft geht an Politikerinnen und Politiker und lautet: Redet so, dass die Jugendlichen euch verstehen. Die Jugendlichen fordern eine offenere, direktere und unkomplizierte Form der Kommunikation seitens der Politikerinnen und Politiker, so die Studie. Der zweite Empfänger sind die Medien, von denen erwartet wird, dass sie nicht die Sprache der Politikerinnen und Politiker übernehmen, sondern den Jugendlichen zum Nachvollziehen der Diskussion gut verständliche Hintergrundinformation liefern. Jugendliche würden eine sachlichere Auseinandersetzung mit politischen Themen fordern und die Inszenierung von Debatten ablehnen. Die letzte, aus den Angaben der Jugendlichen resultierende Botschaft richtet sich an die Kultusministerien und betrifft den schulischen Bildungsbereich. Ein grundsätzlicher Wunsch der Jugendlichen sei, dass in der Schule früher mit Politikunterricht begonnen werde. Jedoch solle Politikunterricht nicht einfach nur “mehr” werden sondern auch neutraler und vor allem mit mehr Praxisbezug gestaltet werden. 

 

 

Shell-Studie

Für die Shell-Studie wurden 2.500 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12 bis 25 Jahren zu ihrer Lebenssituation, ihren Glaubens- und Wertvorstellungen sowie ihrer Einstellung zur Politik befragt. Initiiert, durchgeführt und verfasst wurde die Studie von den Bielefelder Sozialwissenschaftlern Prof. Dr. Mathias Albert, Prof. Dr. Klaus Hurrelmann und Dr. Gudrun Quenzel sowie einem Expertenteam der Münchener Forschungsinitiative TNS Infratest Sozialforschung um Ulrich Schneekloth im Auftrag der Deutschen Shell. Trotz Wirtschaftskrise, Schlagzeilen über das Ende der Euro-Zone und Studien über die steigende Zahl von Armut betroffener Jugendlichen in Deutschland, wird von der Shell-Studie insgesamt eine Jugend präsentiert, die optimistisch auf ihre Zukunft schaut. Die Studie stellt aber auch fest, dass die Antworten der Jugendlichen in Abhängigkeit ihrer sozialen Herkunft stehen und sich die soziale Kluft zwischen den Milieus immer weiter verstärkt. So seien Jugendliche aus sozial schwachen Haushalten im Vergleich zu gleichaltrigen weniger zuversichtlich. Die meisten Jugendlichen würden bewusst wahrnehmen, dass Bildung der Schlüssel zum Erfolg sei, jedoch könnten sich nicht alle Jugendlichen im deutschen Schul- und Bildungssystem durchsetzen.

 

Die soziale Spaltung zeige sich auch in der Nutzungsart des Internets, und beträfe vor allem die männlichen Jugendlichen. Männliche Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien würden hauptsächlich Computerspiele spielen, wo hingegen männliche Jugendliche aus den sozial besser gestellten Schichten sich insbesondere Informationen über das Internet verschaffen und die gesamte Bandbreite des Netzes nutzen würden. Die Studie verweist auch darauf, dass der Anteil der Jugendlichen, die sich für Politik interessieren, angestiegen ist. Dieser Anteil käme aber vornehmlich aus den mittleren und gehobenen Schichten. 

 

 

Allensbach-Studie 

“Lehre(r) in Zeiten der Bildungspanik” ist der Titel der Allensbach-Studie, die sich inhaltlich mit dem Prestige des Lehrerberufs und mit der Situation an den Schulen in Deutschland beschäftigt. Eigentlichen, so die Studie, sind Lehrerinnen und Lehrer ihrem Job gegenüber positiv eingestellt, jedoch sind sie heute stärkeren Belastungen ausgesetzt als noch vor einigen Jahren. Kritisiert werde, dass das Verhalten der Schülerinnen und Schüler heute stärker von Disziplinlosigkeit, Respektlosigkeit und geringem Konzentrationsvermögen gekennzeichnet sei. Zusätzlich müssten die Lehrkräfte viele Aufgaben übernehmen, die eigentlich in den Aufgabenbereich der Eltern fallen würden. Besonders junge Lehrerinnen und Lehrer fühlten sich nicht genug vorbereitet auf ihre Arbeit in der Schule. Die derzeitige Vorbereitung orientiere sich nicht am “normalen” Schulalltag.

 

Die Studie widmete sich auch den Einschätzungen der Eltern. Diese finden, die Lehrenden würden undisziplinierte Schülerinnen und Schüler nicht streng genug bestrafen und forderten deshalb ein konsequenteres Durchgreifen. Eine weitere wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass ein Großteil des Lehrpersonals der Meinung ist, dass die soziale Herkunft die Leistungen der Schülerinnen und Schüler beeinflusse und die Leistungsunterschiede, abhängig von der sozialen Schicht, immer mehr zunehmen würden. Für die Studie wurden insgesamt 2.096 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählte Personen ab 16 Jahren befragt, darunter auch 382 Eltern schulpflichtiger Kinder und Jugendlicher. Durchgeführt wurde die Studie vom Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland. 

 

 

Sinus-Studie 

Von Leistungsdruck und Unsicherheit geprägt seien deutsche Jugendliche, so die Sinus-Studie, die unter anderem im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung durchgeführt wurde. Befragt wurden 72 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren zu Themen wie Schule, Berufswunsch, Glaube, Engagement oder Medien. Die Studie stellt fest, dass es den typischen Jugendlichen nicht gibt und dass die Bedürfnisse und Wünsche immer gebunden seien an die individuellen Lebenswelten, die sich gravierend voneinander unterscheiden würden. Generell jedoch hätten die Jugendlichen eine optimistische Vorstellung von ihrer Zukunft, wobei Jugendliche aus sozial benachteiligten Haushalten weniger optimistisch seien.

 

Auch würden Jugendliche aus den oberen gesellschaftlichen Schichten eine große Bereitschaft zeigen, sozial Benachteiligte auszugrenzen. Dies geschehe unter dem Vorwurf, sie würden sich nicht genug engagieren und gefährdeten somit den Wohlstand des Landes. Wie erwartet, gehörten die neuen Medien laut der Studie für Jugendliche schon zum Alltag, vor allem die Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook. Der Studie nach sinkt hingegen die Motivation, sich sozial zu engagieren. Hierbei sei auffallend, dass dies insbesondere auf Jugendliche aus sozial schwächeren Schichten zutreffe.  Den politischen Institutionen würden die Jugendlichen “leidenschaftslos” gegenüber stehen und fänden Politik und ihre Akteure eher langweilig. Das bedeute aber nicht, dass Jugendliche sich generell nicht mit Politik beschäftigen würden. Im Gegenteil: Ungerechtigkeiten würden wahrgenommen, es bestehe das Bedürfnis, die eigenen Wünsche zu artikulieren und zu engagieren. 

 

Foto: flickr.com / Axel Schwenke / Erdfunkstelle Usingen 2005 / CC BY-SA 2.0