Auf welchen Prinzipien basiert ein demokratisches System und unterscheidet sich gelebte Demokratie, je nachdem auf welches Land wir blicken? Am 16. März 2012 veranstaltete das Referenten-Team von werkstatt.bpb einen weiteren Workshop an einer Partnerschule, der Anne Frank Gesamtschule in Dortmund, die einen ausgesprochen hohen Anteil (90%) an Jugendlichen mit Migrationshintergrund aufweist. Thematisiert wurden die Gegensätze der Regierungsformen Diktatur und Demokratie am Beispiel des politischen Systems der DDR und des Karikaturenstreits im Jahr 2005. 

 

Demokratie-Workshop an der Anne Frank Gesamtschule in Dortmund from kooperative-berlin on Vimeo.

 

Was fällt Schülerinnen und Schülern als Erstes ein, wenn sie über den Begriff Demokratie nachdenken? Zu Beginn des Workshops dachten sich die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen je ein Demokratie-Denkmal aus, das sie selbst als Gruppe darstellten. In den Augen der Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse der Anne Frank Gesamtschule in Dortmund könne die demokratische Regierungsform mit einer Waage verglichen werden, weil Demokratie ein Ausbalancieren zwischen “guten” und “bösen” Kräften innerhalb eines Systems und die kontinuierliche Vermittlung zwischen verschiedenen Positionen bedeute. Darüber hinaus wurde als Symbol für Demokratie der Frieden sowie die Gleichbehandlung von Frauen und Männern dargestellt. 

 

Im Mittelpunkt des Workshops stand die Thematisierung des Karikaturenstreits im Jahr 2005. Zum Hintergrund: Die Veröffentlichung von 12 Mohammed-Karikaturen durch die dänische Tageszeitung Jyllands-Posten im September 2005 hatte weitreichende Demonstrationen, gewalttätige Ausschreitungen und diplomatische Konflikte zwischen der dänischen Regierung und Regierungen islamischer Staaten sowie weltweite Diskussionen über die Religions-, Presse-, Kunst- und Meinungsfreiheit zur Folge. Nachdem die iranische Zeitung Hamshahri als Gegenreaktion auf die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen einen Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb ausrief, verbot Jyllands-Posten letztendlich den Abdruck der Gewinner-Karikaturen. 

 

Sind einer Demokratie hinsichtlich der Meinungsäußerung gegenüber anderen Kulturen und religiösen Anschauungen Grenzen gesetzt oder bedeutet die Regierungsform absolute Freiheit? Die Diskussion, die unter dieser Fragestellung im Anschluss an den Dokumentarfilm der Reihe Demokratie für alle? der Bundeszentrale für politische Bildung zwischen den Schülerinnen und Schülern stattfand,  zeichnete sich durch kontroverse Standpunkte aus. Unterliegt Religion den Prinzipien der jeweiligen politischen Systeme oder steht sie außen vor? Kann der säkularisierte Westen überhaupt die Reaktionen der islamischen Welt verstehen? Und wie können verschiedene Meinungen in gleicher Wertung in einem Raum bestehen, ohne dass nach “gut” und “böse” unterschieden wird, die zu Verletzungen einzelner Personen führen? Zwar waren die muslimisch geprägten Schülerinnen und Schüler grundsätzlich der Auffassung, dass sich die islamische Welt zu Recht von den Karikaturen beleidigt fühlen musste. Ein methodisch angeleiteter Exkurs in die DDR-Geschichte weckte bei den Schülerinnen und Schülern jedoch durchaus Verständnis für den hohen Stellenwert von Meinungs- und Pressefreiheit gerade in Deutschland. 

 

Die inhaltlichen Einheiten zu diesem Aspekt der Demokratie wurde anschließend mit einem Ausflug in die praktische Medienarbeit verknüpft. Die Klasse erhielt eine Einführung in die Erstellung eigener Medienbeiträge und produzierte eigene kleine Interviews zum Thema Demokratie. Anhand von Begriffen wie Mitbestimmung, Teilhabe, Wahlrecht und Meinungsäußerung befragten sie Lehrerinnen und Lehrer der Anne Frank Schule nach ihrer Meinung.