Im aktuellen Medienmonitor nimmt werkstatt.bpb.de Pressestimmen zu folgenden Fragestellungen ins Visier: Was bedeutet die Einführung der inklusiven Schule für das aktuelle Schulsystem? Welche Erfahrungen wurden mit der Inklusion beeinträchtigter Kinder und Jugendlicher an Gesamtschulen bereits gemacht? Wie sind die Kompetenzen deutscher Grundschülerinnen und Grundschüler im internationalen Vergleich zu bewerten? Und was ist nun eigentlich aus dem viel debattierten „Schultrojaner“ geworden? 

 

 

Einführung der inklusiven Schule

 

Die von Deutschland im Jahr 2006 unterzeichnete UN-Behindertenrechtskonvention sieht u. a. die Einführung eines inklusiven Schulsystems vor: Schülerinnen und Schüler dürfen aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden. Waren beeinträchtigte Kinder und Jugendliche bisher Lernende an Förderschulen, haben sie in Zukunft das Recht, an Gemeinschaftsschulen unterrichtet zu werden. Die Umsetzung dieser im Jahr 2009 in Kraft getretenen Vorgabe beschäftigte in den vergangenen Tagen die  RP Online. Wie das Medium berichtet, möchte die Rot-Grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen den Inklusionsprozess mit einer Änderung des Landschulgesetzes dynamisieren. Dabei sollen an Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen zukünftig mindestens 144 Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden, bei einer Unterschreitung dieser Zahl sollen die betreffenden Schulen bereits ab dem kommenden Schuljahr geschlossen werden. Einer kurzfristigen Realisierung dieser Pläne steht jedoch vor allem das bisherige Fehlen einer nötigen Infrastruktur entgegen, so zitiert RP Online die Düsseldorfer Bürgermeisterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die der Landesregierung vorwarf, einfach Fakten schaffen zu wollen, ohne dass ausreichend Sonderschulpädagogen und -pädagoginnen sowie notwendige Ausstattungen an den Regelschulen vorhanden sind.

 

Eine optimistische Einschätzung zum Aufbau des inklusiven Schulsystems ist dagegen in der WAZ zu lesen. Seit 2011 lernen zehn beeinträchtigte Jugendliche an der Essener Alfred-Krupp-Schule. Der Direktor Berthold Urch zieht gegenüber der WAZ eine positive Bilanz: Das Klima zwischen den Schülerinnen und Schülern hat sich seit der Verwirklichung des inklusiven Konzepts verändert, Hilfsbereitschaft gehört nun zum Alltag. Natürlich ist die Inklusion laut Urch auch eine pädagogische Herausforderung. Vor allem die Tatsache, dass die Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigung nicht sitzenbleiben können, ist ihren Mitschülerinnen und Mitschülern teilweise schwer zu vermitteln.

 

Der Tagesspiegel fokussiert im Artikel „Berlins Schulen sind eine Milliarden-Baustelle“ die finanziellen Aufwendungen für das Inklusionsvorhaben, die unter anderem durch erforderliche Umbauarbeiten verursacht werden. So ist nur jede vierte Schule in Berlin rollstuhlgerecht, die Akustik der Räume muss für Hörgeschädigte verbessert sowie Schwerpunktschulen mit taktilen Symbolen ausgestattet werden. Zudem sind zusätzliche Raumkapazitäten nötig, damit Schülerinnen und Schüler mit Verhaltens- und Lernproblemen zwischendurch auch in Kleingruppen unterrichtet werden können, zitiert die Berliner Tageszeitung die Vorsitzende des Inklusionsbeirates, Sybille Volkholz. Um diese Anpassungsmaßnahmen zu verwirklichen, rechnet der Bildungsstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Peter Beckers, mit einem Investitionsvolumen von mindestens 60 Millionen Euro für seinen Bezirk. Der Tagesspiegel sieht eine Transformation der Regelschulen in einen behindertengerechten Lernort daher pessimistisch und resümiert, dass das den Bezirken aus dem Schulsanierungsprogramm zur Verfügung stehende Geld eher in die Sanierung undichter Fenster und maroder Sanitäranlagen fließen wird, als in Fahrstühle und Zusatzräume.

 

 

Aktuelle Bildungsstudien zu Lese- und Rechenkompetenz vorgestellt

 

Zahlreich in den Medien aufgegriffen und kommentiert werden die Ergebnisse der in dieser Woche veröffentlichten internationalen Grundschul-Studien Timss und Iglu. Während die Timss-Untersuchung die mathematisch-naturwissenschaftlichen Leistungen von Lernenden bis zur vierten Klassenstufe evaluiert, beschäftigt sich die Iglu-Studie mit deren Lesekompetenzen: Im Vergleich zur vorherigen Untersuchung im Jahr 2006/2007 schneiden die deutschen Grundschülerinnen und -schüler schlechter ab. So fielen sie vom jeweils 12. Platz auf Rang 16 in Mathematik und auf Rang 17 in den Naturwissenschaften. Nach einem 9. Platz im Jahr 2006/2007 belegten die Lernenden nun Rang 17 beim Lesen. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung äußert sich der Studienleiter beider Leistungstests und Chef des Dortmunder Instituts für Schulentwicklungsforschung, Professor Wilfried Bos, über die besondere Förderung von schwächeren Schülerinnen und Schülern, sowie über die Vernachlässigung von Talenten: Die geringe Gruppe an Spitzenschülerinnen und -schülern erklärte er mit der besonderen „Robin Hood Mentalität“ der Pädagoginnen und Pädagogen. Da der Fokus laut Bos zumeist auf leistungsschwächeren Kindern und Jugendlichen liegt, geraten die begabten Schülerinnen und Schülern häufig aus dem Blick. Zukünftig aber wird eine individuelle Förderung von Grundschülerinnen und -schülern besser zu verwirklichen sein, so Bos. Durch die demographische Entwicklung ist mit einer verringerten Klassenstärke zu rechnen, wodurch eine intensivere Auseinandersetzung mit heterogenen Leistungsniveaus realisierbar sein wird. Für die Förderung der Kinder und Jugendlichen durch die Eltern verweist der Wissenschaftler auf die Notwendigkeit einer frühzeitigen Stärkung der Lesekompetenz: „Lesen ist die Schlüsselkompetenz für alles, die Grundlage aller Bildung.“

 

Mit einem Hinweis auf eine Pressemeldung des Thüringer Kultusministeriums griff bildungsklick.de die beiden Leistungstests auf. In dieser äußert sich Thüringens Bildungsminister Christoph Matschie kritisch zu den Ergebnissen der Studien. So macht er auf ein Ergebnis der Iglu-Studie aufmerksam, nach dem Schülerinnen und Schüler aus besseren sozialen Verhältnissen bei gleicher Leistung von Lehrerinnen und Lehrern eine rund 3,5 Mal höhere Präferenz für den Besuch des Gymnasiums erhalten als die Kinder von Facharbeitern und -arbeiterinnen: „Hier muss sich etwas ändern. Das deutsche Bildungssystem muss mehr Aufstiegschancen eröffnen und darf keinen benachteiligen.“

 

Wie der Tagesspiegel berichtet, hat sich laut Iglu-Studie die Motivation für das Lesen im Vergleich zu den Studien der Jahre 2006 und 2001 unter den Grundschülerinnen und -schülern kontinuierlich zum Positiven verändert. Für das Fach Mathematik dagegen kann nur eine geringe Veränderung der Haltung festgestellt werden. Hervorgehoben und mit „erstaunlich“ kommentiert wird in einem weiteren Artikel dieser Berliner Tageszeitung folgendes Ergebnis der Untersuchungen: Weniger als ein Prozent der Schülerinnen und Schüler sprechen zu Hause nie Deutsch, obwohl mehr als ein Viertel einen Migrationshintergrund hat.

 

 

Schultrojaner

 

Eine weitere, in diversen Medien viel besprochene Meldung betraf den umstrittenen „Schultrojaner“, mit Hilfe dessen stichprobenartig von Ländern und Gemeinden an Schulcomputern nach illegalen Buchkopien gesucht werden sollte. Nachdem sich die Kultusministerkonferenz im Jahr 2010 mit den Schulbuchverlagen auf seinen Einsatz geeinigt hatte, sollte die Spähsoftware ursprünglich im Frühjahr 2012 eingeführt werden. Nach starker Gegenwehr von Lehrerinnen und Lehrern, Datenschützerinnen und Datenschützern sowie aus den Reihen der Politik, ist die Entscheidung der Kultusministerkonferenz nun doch gegen eine Einführung gefallen. Nachdem sich die Kultusminister und -ministerinnen mit dem Verband Bildungsmedien sowie den Verwertungsgesellschaften einen neuen Urheberrechtsvertrag geschlossen haben, dürfen Lehrerinnen und Lehrer ab 2013 bis zu zehn Prozent, höchstens aber 20 Seiten eines urheberrechtlich geschützten Werkes einscannen, die Texte selbst verwenden und an die Schülerinnen und Schüler digital und analog weitergeben.

 

Foto: flickr.com / Axel Schwenke / Erdfunkstelle Usingen 2005 / CC BY-SA 2.0