“Die Zukunft der Vergangenheit. Was Geld, Games und Geschichte verbindet”, so lautete der Titel des ersten SpeedLabs unseres Schwesterprojekts DeineGeschichte. Das SpeedLab eine Art Minikonferenz, bestehend aus Inputvortrag, vier kurzen Workshops (LernLabs) und Podiumsdiskussion – stand ganz unter der Frage: Wie geht es mit der Geschichtsvermittlung künftig weiter?

 

Auf der Veranstaltung, deren Anlass die Auszeichnung des Projekts DeineGeschichte zur Bildungsidee war, wurden neue Ansätze und Wege der Geschichtsvermittlung diskutiert und zugleich gefragt, wie innovative Projekte auch dauerhaft auf dem Markt der außerschulischen Geschichtsvermittlung bestehen können. Einen Eindruck über das gesamte SpeedLab gibt es in einem Video-Zusammenschnitt.

  

Geschichte lernen: Geschichte sollte mich betreffen

Im Inputvortrag des Geschichtsdidaktikers Christoph Kühberger, PH Salzburg, wird schnell klar: Die Gesellschaft ist aus den bestehenden Lehr- und Lernmethoden hinausgewachsen. Viele Deutsche haben einen Migrationshintergrund und sehen die traditionell an den Schulen gelehrte Geschichte nicht als die ihre an. Dazu kommt, dass sich die Kommunikation in den letzten Jahren stark digitalisiert hat. Kühberger in Anlehnung an ein Zitat des Historikers Bodo von Borries: “Opas Schulbuchunterricht ist tot!”

 

Wir geben Geschichtswissen weiter, damit andere davon profitieren können. Man sollte sich allerdings klarmachen, dass dieses Wissen mit der Zeit weniger relevant werden kann. Im 19. Jahrhundert waren die Land- und Sozialreformen der antiken Gracchen noch ein Thema, heutzutage tauchen sie in kaum einem Schulbuch mehr auf. Kühberger zeigt auf die Worte auf der Leinwand: “Geschichte sollte mich betreffen, um nicht zu enzyklopädischem Wissen zu erstarren.”

 

Der Mitschnitt des Inputvortrags von Christoph Kühberger

 

 

 

Geschichte spielen und begehen: Jeder hat seine eigene Geschichte

In Gruppen besuchen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des SpeedLabs nacheinander vier LernLabs. Im ersten stellt die Historikerin Angela Schwarz, Universität Siegen, ihr Buch über Geschichte in Computerspielen vor: “Wollten Sie auch immer schon einmal pestverseuchte Kühe auf Ihre Gegner werfen?”

Schwarz‘ Traum ist es, ein unterhaltsames Game mit Geschichtsvermittlung zu entwerfen. Normalerweise wird kein Historiker hinzugezogen, wenn Spiele mit historischem Hintergrund konzipiert werden. Das sei ein Fehler, denn “Spiele sind wahrgenommene Geschichte!”

  

Der Pädagoge Heiko Klare, Geschichtsort Villa ten Hompel, und der Künstler Achim Konejung, Konejung-Stiftung Kultur, die ebenfalls ein LernLab leiteten, finden, Geschichte ist überall. Dafür muss nicht überall ein Schild angebracht werden, “nur weil dort einmal ein Trabbi stand”. An jedem real begehbaren Ort überlagern sich zudem mehrere Schichten von Geschichte. Jeder Mensch habe seine eigenen Geschichten und daher auch eigene Erinnerungsorte. Man müsse sich nur zur Auseinandersetzung zwingen und das sei in Auschwitz naheliegender als direkt vor der Haustür. Zugleich müsse man sich bewusst machen, dass Gedenkstätten inszeniert seien.

 

Geschichte erzählen und entwickeln:

Das nächste LernLab wird von zwei Frauen geführt: Kathrin Große (Anne Frank Zentrum Berlin) arbeitet als Referentin im Projekt “Kriegskinder – Lebenswege bis heute”, Dorothee Wein (Freie Universität Berlin) konzipiert Schulprojekte für das Shoah Foundation Institute. “Zeitzeugen sterben aus oder passen ihre Geschichten mit der Zeit an. Wie kann man da Geschichte noch wahr übermitteln?”, fragt ein Teilnehmer. Man müsse sich und anderen bewusst machen, dass Geschichte immer subjektiv sei. Man dürfe es nicht für die Wahrheit annehmen, sondern als Wahrnehmung des Zeitzeugen, der Zeitzeugin.

  

Birgit Marzinka (lernen-aus-der-geschichte.de) bestreitet das vierte LernLab und kennt sich mit den Tücken der Finanzierung von historisch-politischer Bildung aus. “Es ist wahrscheinlicher, dass ein Förderungsantrag abgelehnt als angenommen wird”, sagt sie. Dazu komme, dass die Anträge viel Zeit beanspruchen, was vor allem bei Ehrenamtlichen problematisch ist. Spenden bei Bildungsthemen seien immer schwierig: “Es fehlt das Bild des hungernden Kindes. Da sind Menschen selten betroffen.” Ein Teilnehmer schließt die Runde mit den Worten: “Sie haben ein düsteres Bild gezeichnet.” DeineGeschichte kann dem nur zustimmen. 2012 läuft die Förderung für das Portal aus, weswegen die Zukunft des Projekts ungewiss ist.

 

Genaueres zu den Inhalten der LernLabs gibt es hier.

Wer mehr über das Gesamtprojekt DeineGeschichte erfahren möchte, kann sich hier einen Zusammenschnitt der letzten vier Projektjahre ansehen.